Nachruf auf eine Bestie

D 1983 (105 Min.)
  • Dokumentation
  • True Crime

1976 starb der Metzgergeselle Jürgen Bartsch auf dem Operationstisch an einem Narkosefehler. Er wollte sich kastrieren lassen, um sich seines furchtbaren Triebes zu entledigen, der ihn zum töten zwang.

Jürgen Bartsch war bei seinem Tod 30 Jahre alt. Man hatte ihn wegen mehrfachen Mordes verurteilt. Vier Kinder waren von ihm grausam gequält, umgebracht und zerstückelt worden. Bei der ersten Tat war er 15 Jahre alt; er war 19, als man ihn fasste. Viele Zeitungen nannten ihn eine Bestie. Bei der Umfrage einer deutschen Illustrierten nach dem furchtbarsten Verbrecher dieses Jahrhunderts rangierte Jürgen Bartsch an zweiter Stelle. Direkt nach Hitler, noch vor Eichmann und Himmler.

Der Film protokolliert das Leben des Jürgen Bartsch. Viele Menschen, die ihn kannten, haben dabei geholfen und vor der Kamera ausgesagt. Neben Kontaktpersonen und Zeitzeugen kommt im Film aber auch Jürgen Bartsch selbst zu Wort. Lange und ausgiebig. Seine Selbstbekenntnisse sind Tonbandaufzeichnungen aus dem Gefängnis. So setzt sich – Bruchstück für Bruchstück – die Entwicklungsgeschichte eines Triebtäters zusammen: vom ersten bis zum letzten Jahr ein desolates Leben.

Im Gegensatz zu den Printmedien, die den spektakulären Fall zumeist sensationslüstern ausschlachteten, spürt der Dokumentarfilm von Rolf Schübel die psychologischen und sozialen Strukturen im gesellschaftlichen Umfeld des Jürgen Bartsch auf und zeigt eindrucksvoll, in welchem Maße negative Erziehungsfaktoren die Fehlentwicklung von Jürgen Bartsch begünstigt oder gar erst hervorgebracht haben. Von seiner frühen Kindheit an wurde dieser Jürgen Bartsch von den zahlreichen und häufig wechselnden Bezugspersonen stets nur im schlechtesten Sinn erzogen. Mit Strafe und Prügel wurden ihm deutsche Bürgertugenden beigebracht wie Pünktlichkeit, Sauberkeit, Ordnungsliebe, Frömmigkeit, Arbeitswille und Sparsamkeit. Dagegen lernte er nie Liebe, Geborgenheit und Verständnis kennen.

Das Unglück von Bartsch, seine Entwicklung, hat viel Exemplarisches. Einmalig ist nur die Zwangsläufigkeit, mit der negative Einflüsse und Erfahrungen hier zusammenkommen und sich auftürmen. Geradezu durchschnittlich dagegen sind die einzelnen Aspekte, die Einzelteile seiner Entwicklung. Man findet sie heute noch fast genauso wie „damals“. Der Film belegt, was der Psychoanalytiker und Bartsch-Gutachter Professor Tobias Brocher als Quintessenz seiner analytischen Bemühungen feststellt: „Wer im Fall Bartsch nur die extreme Verirrung eines Einzeltäters sieht, vergisst, dass jede Gesellschaft die Verbrecher hervorbringt, die ihrem Entwicklungsstand entsprechen.“ (Text: ZDF)

Der Film erhielt als bester Dokumentarfilm des Jahres 1984 den „Preis der deutschen Filmkritik“ und 1985 einen Adolf-Grimme-Preis in Gold.

Deutsche TV-Premiere05.12.1985ZDF

Sendetermine

Mi 26.03.2003
02:00–03:45
02:00–
Do 05.12.1985

Cast & Crew

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