Wilfred – Review

Von einem Hund, der auszog, seinen Nachbarn zu retten – von Roger Förster

Rezension von Roger Förster – 27.08.2011, 08:46 Uhr

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Wilfred in der australischen VersionSBS One

Die Frage nach dem Sinn dieses Formates ergibt sich in zweierlei Hinsicht. Dass die wirklich ungewöhnliche Ausgangssituation einfach anerkannt werden muss und sich daraus zwangsläufig logische Widersprüche im Szenenaufbau ergeben, ist hinzunehmen. Wieso fragt man sich, kann Wilfred eigentlich eine Wasserpfeife in die Hand nehmen. Ryan mag ihn als Menschen in Hundekostüm wahrnehmen, er ist dennoch ein Hund. Die zweite Sinnfrage ergibt sich daraus, dass hier ein australisches Format, in dem Jason Gann Wilfred ebenfalls für zwei Staffeln porträtierte, auf den amerikanischen Markt geworfen wird. Ähnliches kennt man von US-Adaptionen von „The Office“ oder„Shameless“ – eine abschließende Bewertung, weshalb US-Sender die Originalserien aus Angst vor den unterschiedlichen Sehgewohnheiten der Zuschauer lieber neu auflegen, kann nicht gegeben werden. Im konkreten Fall gibt es aber wichtige Unterschiede: Während in der australischen Version Adam (Adam Zwar) bereits in der ersten Szene bei der wunderschönen Sarah (Cindy Waddingham) landet, wird Ryan als der klassische „gute Freund“ vorgestellt – Nachbarin Jenna bleibt für ihn (zunächst) unerreicht. Hieraus wiederum ergeben sich völlig unterschiedliche Voraussetzungen für Wilfreds Verhalten: Während er in der australischen Version verständlicherweise eifersüchtig auf den neuen Mann im Haus ist und dies den Freund seines Frauchens auch gnadenlos spüren lässt, wirkt er in der amerikanischen Version als Psychotherapeut und guter Kumpel von Ryan. Dieses Weichei, so seine brutale Analyse, kann nur wieder ins Leben zurück geholt werden, wenn man ihn in genau die Situationen wirft, die Ryan bislang vermieden hat. Die einzelnen Episoden von „Wilfred“ konzentrieren sich dabei auf bestimmte Gemütszustände oder Haltungen: Glück, Vertrauen, Angst, Respekt – große Worte, die Ryan nach Ansicht von Wilfred unbedingt wieder zu schätzen lernen muss.

So muss Liebe aussehen, Wilfred und der BärFX

Die Kunstfigur Wilfred ist für Darsteller Jason Gunn eine Herzensangelegenheit. Gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen Adam Zwar hatte er diesen sympathischen Widerling 2001 für einen sechsminütigen Kurzfilm geschaffen, der auf Anhieb Preise gewann. Inspiriert wurden die beiden übrigens von Beobachtungen, wie Darsteller von Kindertheaterstücken hinter der Bühne rauchten und mit Schimpfwörter um sich geworfen haben. Dass Gunn sich in dem Hundekostüm sichtlich wohl fühlt und die Rolle ihm auf den Leib geschneidert zu sein scheint, ist toll und beängstigend zugleich. Grandios sind vor allem Momente, in denen Wilfred seinen angeborenen Trieben nicht widerstehen kann – und damit sind nicht die Orgien, die er mit dem Teddybär veranstaltet, gemeint. Wenn Wilfred vom Nachbarsjungen dazu angeheizt wird, einem Ball nachzulaufen, den dieser aber in der Hand behält und Wilfred nicht versteht, welchen Trick diese fiese Göre nutzt, dann ist der „Hund“ ganz Hund und der Zuschauer lacht sich kaputt.

Ryan macht eine harte Zeit durchFX

Elijah Wood – dieser Name steht für die Verkörperung des Weicheis. Seitdem Wood sich für die Rolle des Frodos in der „Herr der Ringe“-Trilogie der Bürde des heulenden Hobbits angenommen hat, wurden seine weiteren Darstellungen immer mit dieser kritisch aufgenommenen Figur verglichen. Dabei tut man Wood Unrecht, ihn auf den Auenlandbewohner zu reduzieren. In „Hooligans“ darf er in der berüchtigten dritten Halbzeit mitmischen, in dem wundervollen Drama „Alles ist erleuchtet“ spielt er feinfühlig einen amerikanischen Juden, der sich in der Ukraine auf die Spuren seiner Ahnen macht. Mit der Rolle des Ryan schließt sich nun der Kreis für Elijah Wood: Es wirkt fast so, als hätte sich der Schauspieler gewünscht, dass Frodo von Sam mal ähnlich zusammengestaucht wird, wie Wilfred mit Ryan umgeht. Denn so fies Wilfreds Streiche auch seien mögen, sie dienen dem ehren Ziel, seinen Kumpel zu einem besseren Menschen zu machen. Man darf nicht vergessen: Ganz im Sinne des vielbeschworenen Spruches „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ wird hier eine Person porträtiert, die in einer schweren Sinnkrise steckt und Hilfe braucht.

Derbe Witze, die oft unter die Gürtellinie gehen, Situationen, die einem das Lachen im Halse stecken lassen und zwei sehr unterschiedliche Hauptfiguren – Skepsis, ob das aufgehen kann, ist durchaus angebracht. Tatsächlich wird nicht jeder mit dieser Comedyserie, die übrigens frühzeitig vom ausstrahlenden Sender FX für eine zweite Staffel verlängert wurde, etwas anfangen können. Doch dienen die Zoten eben dem Zweck, die beiden Hauptfiguren an Profil gewinnen zu lassen, was angesichts der Dialogschärfe und der überzeugenden Darsteller gelingt. Wie man auch immer zu dem skurrilen Konzept stehen mag, eine Geschmacksprobe ist auf jeden Fall anzuraten:
Love it or Hate it!

Meine Wertung: 4/​5

© Roger Förster, 27.08.2011

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