2023, Folge 16–30

  • Folge 16
    Diese Dokumentation bringt das Bild des angeblich „sauberen LNG“ (Liquefied Natural Gas) ins Wanken. Auf einer Reise durch die USA wird klar: Die Gewinnung von Flüssigerdgas führt zu radioaktiven Abfällen, vergifteten Flüssen und einer enormen Klimabelastung. Mit einer speziellen Kamera wird der enorme Austritt von Methan sichtbar. Wissenschaftler warnen: Es wäre sogar klimafreundlicher, auf Kohle zu setzen, als gefracktes Gas aus den USA zu importieren. Sind die milliardenschweren Investitionen in Flüssigerdgasterminals ein Irrweg?
    Knapp zehn Milliarden Euro hat der Deutsche Bundestag jetzt schon für den Ausbau einer LNG-Infrastruktur bereitgestellt. Immer wieder betont die Ampelregierung, dass ihr Klima und Naturschutz am Herzen liegen und sie alles tun will, um den Klimawandel aufzuhalten. Flüssigerdgas aus den USA, betont die Regierung, ist im Moment der beste Weg, um die Energienot zu überwinden.
    Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Die Recherche beginnt in Texas. Am Golf von Mexiko stehen die LNG-Terminals, die das Gas zum Transport nach Europa auf minus 162 Grad herunterkühlen. Dieser Prozess ist so energiereich, dass ein Viertel der Gesamtenergie des Gases schon hier verloren geht. Auf dem Schiff muss dann noch weiter Gas abgelassen werden, um das restliche LNG zu kühlen. „In Deutschland kommen nur noch 50 bis 70 Prozent des Gases an“, kritisiert der international anerkannte Professor Robert Howarth von der Cornell University. Schon das allein ist alles andere als klimafreundlich. Doch es kommt noch schlimmer.
    Im Nordwesten von Texas befindet sich das Epizentrum der Gasindustrie. An unzähligen Bohrstellen wird hier Gas aus dem Boden gefrackt. Bei diesem Prozess entweichen ungeheure Mengen von Methan. Methan ist mindestens 25 Mal klimaschädlicher als CO2 und für das menschliche Auge unsichtbar. Experten einer Umweltorganisation machen für das Fernsehteam diese Emissionen mit einer Spezialkamera sichtbar: Das Resultat ist erschütternd. Überall steigt Methan in die Luft, das Gas, das laut Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einer der größten Verursacher der globalen Erwärmung ist.
    Die Gas- und Ölindustrie ist in den USA mit enormen Rechten ausgestattet. So darf sogar auf dem Land der Navajos gefrackt werden. Mitglieder dieses Stammes erzählen, wie ihre Heiligen Orte zerstört und ihr Wasser vergiftet wurde. Seitdem Europa LNG in enormen Mengen kauft, ist ein neuer „Goldrausch“ in Amerika entstanden, es wird gefrackt wie nie zuvor.
    Methan ist jedoch nur eine finstere Seite des LNG. Im Nordwesten der USA lernt das Team eine andere kennen: den radioaktiven Müll. Beim Fracking wird das Gas mit Hilfe von Wasser, Chemikalien und Sand aus dem Boden gespült. Dieses Wasser ist jedoch, wenn es wieder oben ankommt, hochgiftig. Denn die Gasvorkommen im Boden sind häufig mit von Natur aus radioaktiven Gesteinsschichten verbunden. Durch das Fracking werden radioaktive Mineralien ausgewaschen, nach oben gespült und machen Arbeiter wie Anwohner krank.
    Viele Fachleute halten den Handel mit flüssigem Gas für verantwortungslos: kein Energielieferant sei klimaschädlicher als LNG. Robert Howarth von der Cornell Universität empfiehlt Deutschland, die eigenen Gasvorkommen konventionell auszuschöpfen und im Zweifel sogar lieber auf Kohle zu setzen, bis man genug erneuerbare Energie erzeugen kann. Das wäre wesentlich klimaschonender als LNG zu importieren.
    Lieber Kohle statt LNG? Das Filmteam fährt in die Altmark nach Sachsen-Anhalt. Hier lagert das vermutlich größte Gasvorkommen Deutschlands auf dem Festland. Schon zu Zeiten der DDR wurde hier gefördert. Noch vor 20 Jahren stammten 20 Prozent des in Gesamtdeutschland verbrauchten Gases aus heimischer Förderung. Inzwischen liegt die Selbstversorgungsquote gerade noch bei fünf Prozent. Neue Gasfelder wurden kaum mehr gesucht, schließlich wollte man weg vom Gas. Und bis zur Umrüstung der Wirtschaft auf alternative Energien war der Import von billigem Gas aus Russland die vermeintlich bessere Alternative. Und heute? Wäre eine Ausweitung der heimischen Produktion denkbar?
    Auch vor der friesischen Insel Borkum liegt Gas. Auf der niederländischen Seite soll es gefördert werden, doch die Inselbewohner wehren sich. Obwohl die meisten Menschen hier mit Gas heizen, sind fast alle gegen eine Förderung in ihrer Nähe.
    Flüssigerdgas aus den USA stand verhältnismäßig schnell zur Verfügung, um den großen Hunger nach Energie zu stillen. Die Umweltzerstörung, die die Förderung und der Transport verursachen, sind nicht auf den ersten Blick zu sehen. Deren Auswirkungen aber wird man ebenfalls spüren. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMi 31.05.2023Das Erste
  • Folge 17
    Patrick H. sitzt in seiner Zelle in der JVA Berlin-Plötzensee und erzählt von dem Tag, den er wohl nie vergessen wird: Als die Polizei gegen seine Tür hämmert, ihn verhaftet und ins Gefängnis bringt. Dabei wurde Patrick H. nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er konnte lediglich seine Geldstrafe nicht zahlen. Und der 28-Jährige ist damit nicht allein: Mehrere Tausend Menschen in Deutschland erleben jedes Jahr das Gleiche. Viele von ihnen haben nicht einmal vor Gericht gestanden. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind arm. Ist das Zufall? Oder haben es Menschen mit mehr Geld im deutschen Justizsystem leichter? Wer kein Geld für einen Anwalt hat, steht im Zweifel ohne Verteidigung vor Gericht.
    Denn Pflichtverteidiger werden schätzungsweise nur in zehn Prozent der Fälle eingesetzt, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr im Raum steht und in einigen Ausnahmefällen. Wer genug Geld für seine Verteidigung ausgeben kann, sucht sich Anwälte wie Nikolaos Gazeas. Seine Kanzlei in Köln zählt zu den Topadressen für Wirtschaftsstrafrecht in Deutschland. Kanzleien dieser Art verlangen Stundensätze um die 400 Euro. Gazeas hat Beschuldigte in Cum-Ex-Strafverfahren vertreten und die Verteidigung im Schmiergeldprozess um ehemalige Siemens-Manager koordiniert.
    Er schätzt: 80 Prozent seiner Fälle werden entweder eingestellt oder enden mit einem Freispruch. „Mehr Geld gleich bessere Verteidigung gleich bessere Chancen vor Gericht, das ist in vielen Fällen leider zutreffend.“ Die „ARD Story“ hat sich umgesehen in deutschen Gerichtssälen und Gefängnissen, spricht mit Gefangenen, Verurteilten und Beschuldigten, mit Richterinnen, Staatsanwälten und dem Leiter eines Gefängnisses. Das Reportageteam konfrontierte auch Bundesjustizminister Marco Buschmann mit der Frage, wie er die deutsche Strafjustiz gerechter machen will und ob seine Reformvorschläge dafür ausreichen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 06.06.2023Das Erste
  • Folge 18
    Hört dein Arzt dir zu? Oder läuft es in einer Sprechstunde eher wie am Fließband: „Rein, Diagnose, zack, raus, der Nächste bitte“?! Für jeden Patienten, jede Patientin bleiben im Schnitt 9,5 Minuten, weit weniger als in den meisten anderen Ländern. Die Doku macht sich auf die Suche nach der verloren gegangenen Zeit im Sprechzimmer und berichtet über das „Hamsterrad“ Arztpraxis. Hört dein Arzt dir zu? Oder läuft es in einer Sprechstunde eher wie am Fließband: „Rein, Diagnose, zack, raus, der Nächste bitte“?! Für jeden Patienten, jede Patientin bleiben im Schnitt 9,5 Minuten, weit weniger als in den meisten anderen Ländern.
    Wenn mit Patient:innen in einer Praxis nicht richtig gesprochen wird, kann das schlimme Folgen haben. Was also, wenn Gesprächszeit ein Medikament für den Gesundheitsmarkt wäre? Für diesen Film lassen die Reporterinnen eine Arzneimittelverpackung mit dem Fantasienamen „Redemer forte“ drucken. Sie stellen ihr „Präparat“ der Fachwelt vor: Redezeit in unterschiedlicher Dosierung, frei von Nebenwirkungen, hochwirksam, sehr kostengünstig! Hat „Redemer forte“ das Zeug zum Blockbuster? Und was wird der Gesundheitsminister zu dieser „Neuentwicklung“ sagen? Die „ARD Story“ über Patient:innen und Ärzt:innen im Hamsterrad, Blockierer und Menschen, die Lösungen vorleben. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMi 07.06.2023Das Erste
  • Folge 19
    Sie nennen sich die „Letzte Generation“ oder „Extinction Rebellion“. Mit spektakulären Aktionen sorgen die Klimaaktivist:innen seit Monaten für Schlagzeilen, für ihre Ziele brechen sie sogar Gesetze. Für die einen sind sie „radikale Spinner“, für die anderen Held:innen im Kampf gegen den Klimawandel. Für diese Dokumentation wurden mehrere Umweltaktivist:innen über einen längeren Zeitraum mit der Kamera begleitet. Sie kleben sich auf Straßen, werfen Farbbeutel auf Gebäude oder blockieren fossile Unternehmen. Klimaaktivist:innen, die bereit sind, für ihre Ziele auch Gesetze zu brechen. Die Doku hat über Monate Aktivist:innen von verschiedenen Klimaschutzorganisationen auf ihrem Weg begleitet – bei Blockade-Aktionen des sogenannten „zivilen Ungehorsams“ bis hin zu ihren Verurteilungen durch die Gerichte.
    Viele Menschen sind genervt, für Boulevardmedien und Teile der Politik sind die Klimaaktivist:innen „kriminelle Klima-Terroristen“, die man möglichst lange wegsperren sollte. Andere sehen in den Klimaprotesten die einzige Möglichkeit, Gesellschaft und Politik wachzurütteln und den Klimawandel endlich zu stoppen. Werden Klimaschützer:innen kriminalisiert? Und wird der Kampf ums Klima immer radikaler? Diese Fragen werden Aktivist:innen ebenso beantworten wie hochrangige Politiker:innen oder Sicherheitsexpert:innen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 26.06.2023Das Erste
  • Folge 20 (45 Min.)
    „Es ist wie ein nicht enden wollender Alptraum“, sagt Stefanie aus Dortmund, als sie erzählt, wie sie das Sorgerecht für ihren Sohn verloren hat. Laut Gerichtsurteil hätte sie eine zu enge Bindung zu ihrem Sohn und sei bindungsintolerant. Im Jahr 2021 haben etwa 14.600 Mütter und Väter das Sorgerecht für ihr Kind verloren. So hat es das Statistische Bundesamt ermittelt. Häufig geschieht das, wenn Eltern nach einer Trennung so zerstritten sind, dass eine gemeinsame Sorge nicht mehr möglich ist. Aber wem von beiden entzieht das Familiengericht dann das Sorgerecht und aus welchem Grund? Autorin Justine Rosenkranz macht sich für die „ARD Story“ auf eine Recherchereise und stößt dabei immer wieder auf die Begriffe Eltern-Kind-Entfremdung und Bindungsintoleranz.
    Und sie trifft Frauen, denen man das Sorgerecht mit genau diesen Begründungen entzogen hat. Eine von ihnen ist Steffi aus Dortmund. 2020 nahm das Gericht ihr den Sohn weg. Er war damals vier Jahre alt. Seitdem kämpft die stellvertretende Leiterin eines Kindergartens darum, ihren Sohn mehr als drei Stunden in zwei Wochen sehen zu dürfen.
    Das Gericht warf ihr vor, die Beziehung zu ihrem Sohn sei zu eng und sie hetze ihn so gegen den Vater auf, dass der Junge sich weigere, mit diesem zu gehen, wenn er ihn an seinen Umgangstagen abhole. Auch Anna, die ihren richtigen Namen nicht nennen möchte, hat das Sorgerecht für ihren Sohn verloren. Die Sozialpädagogin hatte den Verdacht, dass ihr vierjähriger Sohn vom Vater sexuell missbraucht werde. Sie geht zum Arzt und verständigt das Jugendamt, welches den Vater wegen Verdachts auf sexuellen Missbrauch anzeigt.
    Der Vater streitet den Vorwurf ab und die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen aus Mangel an Beweisen ein. Der vom Gericht bestellte Gutachter attestiert Anna eine psychische Störung und vermutet, sie wolle das Kind vom Vater entfremden. „Als ich dann in die Kita kam, standen zwei Mitarbeiterinnen vom Jugendamt dort und haben mir plötzlich eröffnet, dass mein Sohn jetzt zum Kindesvater gebracht wird und ich bin dann aus dem Raum raus und mein Sohn war weg.
    Einfach weg.“ Das Sorgerecht hat nun das Jugendamt, Anna kämpft vor Gericht darum, es zurückzubekommen. Bei ihrer Spurensuche trifft die Autorin auf Experten und Expertinnen, die sich mit dem Thema Eltern-Kind-Entfremdung und Bindungsintoleranz seit Jahren intensiv beschäftigen. Während die einen Eltern-Kind-Entfremdung als emotionalen Missbrauch am Kind betrachten, gibt es andere, die die Entfremdungstheorie als unwissenschaftlich ablehnen. Wer hat recht? Und vor allem: Was ist beim Streit ums Sorgerecht das Beste für das Kind? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 07.08.2023Das Erste
  • Folge 21 (45 Min.)
    Selbstständig zu sein, kann ein Traum sein – in der Realität ist es für manche eher ein Alptraum! Deutschland tut sich schwer mit den 4,2 Millionen Frauen und Männern, die selbstständig, freiberuflich arbeiten oder ein Unternehmen gegründet haben. Der Wunsch nach beruflicher Selbständigkeit ist folglich auch nicht besonders ausgeprägt. Die teilweise dramatischen Bedingungen sprechen sich herum. Hohe Arbeitsbelastung, geringe Verdienstmargen, gesetzliche und bürokratische Fallstricke – womit haben Selbstständige zu kämpfen? Was müsste sich dringend ändern? In der „ARD Story: Unter Druck – Selbstständige in Deutschland“ besucht Astrid Spiegelberg Menschen, für die diese Fragen Alltag sind.
    Franziska Ebertowski liebt es, selbständig zu arbeiten. Mit 18 gründet sie ihre erste eigene Firma. Es folgen weitere. Die fünffache Mutter sprüht vor Energie und Ideen, sie scheut weder die Arbeit noch das Risiko. Auch ihr Mann ist selbständig. Der Wunsch, Deutschland zu verlassen und woanders ein neues Geschäft aufzubauen, kommt schleichend.
    Die hohe Abgabenlast, immer neue bürokratische Hürden und ständige Kontrollen rauben dem Paar viel Zeit und Kraft. Irgendwann ist das Maß für sie voll! 2021 brechen sie ihre Zelte in Hamburg ab und wandern nach Kroatien aus. In ihrer neuen Heimat finden Franziska und Oliver das, was sie als Selbstständige in Deutschland vermisst haben: Wertschätzung von der Gesellschaft, gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen – und das meist auch noch bei blauem Himmel. Ebertowskis sind kein Einzelfall. Immer mehr Selbständige kehren Deutschland den Rücken oder denken darüber nach.
    Für Annette und Gerald Ullrich aus dem thüringischen Floh/​Seligenthal ist Auswandern keine Option. Sie sind in der Region zuhause und fühlen sich wohl. 1990 gründet Gerald Ullrich den Spritzgussbetrieb und führt ihn zusammen mit seiner Frau. Das Unternehmerpaar setzt alles daran, ihren Familienbetrieb für sich und ihre 39 Angestellten zukunftsfähig aufzustellen. Eine wichtige Weiche ist gestellt: Ihre beiden Söhne, Michael und Sebastian, werden den Betrieb übernehmen, wenn sie in den Ruhestand gehen.
    Ihre täglichen Herausforderungen sind gigantisch: Plastikverarbeitung ist energieintensiv und damit teuer, es fehlen Arbeitskräfte, Lieferketten sind unterbrochen und Kundschaft bricht weg, weil sie ins Ausland abwandern. Als sich der Bremer Tischlermeister Matthias Winter vor 30 Jahren selbständig macht, arbeitet er im Schnitt 10 Stunden pro Tag in seiner kleinen Werkstatt und etwa 1 Stunde im Büro. Heute ist es umgekehrt. Akquise, Administration, Bürokratie und Verbandsarbeit nehmen ihn komplett in Beschlag.
    Seine drei Mitarbeiter und der Lehrling müssen sein Gehalt mitverdienen. Und die Politik? Sie tut so gut wie nichts, meint Winter. Die Probleme der Selbständigen sind dort immer noch nicht wirklich angekommen. Verliert Deutschland an Wirtschaftskraft und verschenkt kostbare kreative Ressourcen, die eigentlich so dringend gebraucht werden, um Deutschland fit für die Zukunft zu machen? Das Fazit vieler Selbständigen: Es ist wahnsinnig schön, selbstständig zu arbeiten, aber auch wahnsinnig schwer. Das müsste es nicht sein. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 29.08.2023Das Erste
  • Folge 22 (45 Min.)
    Die Bahn ist eines der sichersten Verkehrsmittel weltweit. Gilt das auch noch für Deutschland? Bei deutschen Gleisanlagen klemmt es hinten und vorne. Sogar die Deutsche Bahn bekennt: Das Schienennetz ist veraltet und kaputt. Jetzt beginnen zwar umfangreiche Sanierungsarbeiten, die aber gleichen einer Operation am offenen Herzen. Kommen die Reparaturen viel zu spät? Ist Bahnfahren in Zukunft noch sicher? Interne Akten des Eisenbahnbundesamts Aufgrund des Unglücks in Burgrain beantragen im Juni 2022 ARD-Reporter beim Eisenbahnbundesamt Einsicht in interne Akten zu Sicherheitslücken bei der Deutschen Bahn.
    Nach mehreren Monaten erhalten sie rund 400 Dokumente. Darin: schwerwiegende Beanstandungen an der Gleisinfrastruktur aus dem gesamten Bundesgebiet. Das Amt hat in den vergangenen Jahren zahlreiche gefährliche Mängel dokumentiert – auch lebensgefährliche. Wie urteilt die Deutsche Bahn über den Zustand ihres Schienennetzes, wie der Bundesminister für Verkehr, Volker Wissing? Was haben sie für Lösungen, um den Zustand zu verbessern, die Sicherheit zu gewährleisten? Anonyme und ehemalige Bahnmitarbeiter Für diese Doku ist es gelungen mit mehreren aktuellen und ehemaligen Bahnmitarbeitern zu sprechen.
    Ein Lokführer erzählt, warum er sich im Führerstand oft nicht mehr sicher fühlt. Schon mehrfach habe er Angst gehabt, sein Zug könne entgleisen, so schlecht sei der Zustand der Strecke gewesen. Ein Anlagenverantwortlicher fühlt sich überlastet und fürchtet, dass Mängel übersehen werden könnten. Die Schäden werden nach seinen Schilderungen immer unübersichtlicher, außerdem fehle Personal, um alles noch im Griff zu behalten. Ein ehemaliger Bezirksleiter der Deutschen Bahn arbeitet mittlerweile in der Schweiz bei der Rhätischen Bahn und dort zeigt er, wie sich ein Schienennetz besser in Schuss halten lässt.
    Zugunglück in Burgrain Sophie ist 15 Jahre alt. Am 3. Juni 2022 saß die Schülerin im Unglückszug, der in Burgrain bei Garmisch-Partenkirchen aus noch ungeklärter Ursache entgleist ist. Fünf Menschen starben, darunter ein 13 Jahre alter Schüler, 68 Fahrgäste wurden verletzt. Der Film erzählt auch, wie Sophie und ihre Eltern den Unglückstag und das darauffolgende Jahr erlebt haben. Das Unglück hat Sophie körperlich nahezu unversehrt überlebt.
    Doch sie ist schwer traumatisiert und kann seither in keinen Zug mehr einsteigen. Mit Hilfe einer Therapie versucht sie, wieder mit der Bahn zu fahren. Von der Deutschen Bahn gab es für sie als Betroffene des Unglücks lange Zeit keine Hilfe. „Sicher Bahnfahren! – was muss sich ändern?“ geht auf Recherchereise über das deutsche Schienennetz. Schaut auf gefährliche Bahnübergänge, wo teilweise bis zu zwei Jahre auf neue Schrankenanlagen gewartet werden muss, sucht nach Ursachen für die unzähligen Langsamfahrstellen und fragt Experten: Wie bleibt Bahnfahren sicher? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 04.09.2023Das Erste
  • Folge 23 (45 Min.)
    Volker Bretz möchte mit Yoga „den Frieden in die Welt bringen“. Mit spirituellem Namen heißt der Betriebswirt Sukadev, Engel der Wonne. Vom ostwestfälischen Bad Meinberg aus hat er es geschafft, mit indischer Philosophie ein Yoga-Imperium zu errichten. Der gemeinnützige Verein Yoga Vidya setzt Millionen im zweistelligen Bereich um, sammelt fleißig Spenden und zieht mit jährlich 100.000 Übernachtungen Yogis und Yoginis aus ganz Deutschland in die vier Ashrams – von der Nordsee bis zum Allgäu. In Deutschland führt der Verein inzwischen den Markt an: Yoga Vidya ist nach eigenen Angaben in 80 Städten präsent, außerdem in mehreren europäischen Ländern.
    Doch um welchen Preis? Zum ersten Mal bekommt eine Redaktion nun detaillierte interne Einblicke in das System von Yoga Vidya. Zu den Schattenseiten des Erfolgs zählt unter anderem der Umgang mit den Menschen, die in den vier Seminarhäusern leben und arbeiten und hierfür deutlich weniger als den Mindestlohn verdienen. Viele von ihnen haben für ein Leben im Ashram alles aufgegeben. Gerade erst haben zwei von ihnen vor dem Bundesarbeitsgericht ihr Recht eingeklagt. Der Verein hingegen hat vor allem ein Ziel: Wachstum.
    Yoga Vidya konnte in den vergangenen Jahren immer neue Immobilien anschaffen und sich auch dadurch die Marktmacht unter den Yogaanbietern sichern. Dabei will Yoga Vidya nicht nur Yoga verbreiten, sondern auch die Religion fördern. Unter anderem wegen der Verfolgung dieser Zwecke ist der Verein bisher als gemeinnützig anerkannt. Doch welche Struktur und welches Weltbild stecken hinter Yoga Vidya? Die ARD-Dokumentation „Cash und Karma: Ausbeutung beim Yoga?“ gibt ungewohnte Einblicke hinter die Kulissen von Deutschlands größter Yogakette. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 05.09.2023Das Erste
  • Folge 24 (30 Min.)
    Die „ARD Story“ geht der Frage nach, warum in Deutschland jedes Jahr hunderte Menschen sterben, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan bekommen. Wären viele dieser Tode vermeidbar? Im Berliner Paulinenkrankenhaus wartet die 28-jährige Larissa seit 330 Tagen auf ein passendes Spenderherz – ein zermürbender Kampf gegen die Zeit. Jahr für Jahr sterben hunderte Menschen in Deutschland, weil sie kein Spenderorgan bekommen. Der Film beleuchtet ein System des Mangels, das vom Engagement Einzelner lebt, während die Politik sich scheut, die Solidarität der Gesellschaft einzufordern.
    Seit Jahrzehnten zählt Deutschland zu den Schlusslichtern in Europa, was die Zahl der Organspenden betrifft. Patienten mit Organversagen sind hier deutlich schlechter versorgt als anderswo. Während in den meisten europäischen Ländern die sogenannte Widerspruchslösung gilt, hat sich Deutschland bislang diesem Weg verwehrt. Diese Regelung verlangt dem Bürger zu Lebzeiten einen Widerspruch ab, wenn er im seltenen Fall des Hirntodes nicht zum Organspender werden möchte. Viele Experten sehen in der Widerspruchsregelung einen wichtigen Faktor für höhere Spenderzahlen, mit dem die Organspende vom Ausnahme- zum Normalfall werden könnte.
    Gegner hingegen warnen vor einem Eingriff ins Selbstbestimmungsrecht. Deutschland profitiert im Verbund Eurotransplant, der in acht europäischen Ländern Organe an Patienten vermittelt, von der Spendenbereitschaft seiner Nachbarn. Doch weil es als bevölkerungsreichstes Land Schlusslicht ist, fehlen Organe. Rund 8.500 Menschen stehen hier auf der Warteliste. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Besonders dramatisch zeigt sich der Organmangel im Berliner Paulinenkrankenhaus: Hier lebt und wartet Larissa als Hochdringlichkeitspatientin auf ein Herz – seit mehr als 330 Tagen.
    Larissa hat einen angeborenen Herzfehler. War die 28-Jährige am Anfang noch mit großer Motivation und Hoffnung in die Wartezeit gestartet, kommt sie inzwischen jeden Tag aufs Neue an ihre Grenzen. Sie weiß: Gibt sie auf und verlässt die Klinik vorzeitig, wird sie in absehbarer Zeit sterben. Der Film zeigt auch, welche strukturellen Schwierigkeiten Transplantationen verhindern. In der Organspende zeigen sich die Schwächen des deutschen Gesundheitssystems: Personalnotstand, zu viele kleine Kliniken ohne Expertise in der Hirntoddiagnostik, die Voraussetzung für eine Organspende ist.
    Dazu kommen bürokratische Hürden und eine Priorisierung des Datenschutzes, die ein bereits ineffizientes System noch träger machen. Experten betonen zudem, dass in Deutschland eine Kultur der Organspende fehlt – ein Bekenntnis von Gesellschaft und Politik, sich mit den Themen Tod und Sterben auseinanderzusetzen. Stattdessen wird die Verantwortung auf Mediziner abgewälzt, die Angehörigen von Hirntoten die Frage stellen müssen, ob der Verstorbene sich zu Lebzeiten für eine Organspende entschieden hätte.
    Die „ARD Story“ von Carl Gierstorfer und Mareike Müller dokumentiert die Folgen des Organmangels, beleuchtet die Ursachen und zeigt mögliche Lösungsansätze für eine der drängendsten gesundheitspolitischen Fragen unserer Zeit. Modernste Medizin kann in Deutschland ohne die Solidarität der Gesellschaft – und jedes Einzelnen – nicht ihr volles Potential ausschöpfen. Der Preis dafür ist hoch: Hunderte Tote, Jahr für Jahr. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 16.10.2023Das Erste
  • Folge 25 (45 Min.)
    Es ist ein toxischer Richtungsstreit, der Die Linke seit Monaten quält: Wird Sahra Wagenknecht eine neue Partei gründen und damit die Linkspartei spalten? Die populäre Politikerin droht seit Monaten mit der Gründung einer Konkurrenzpartei. Sie sehe für sich und ihre linkskonservativen Vorstellungen bei der Linken keine Zukunft mehr. Auf der anderen Seite steht der sogenannte „progressive“ Teil der Partei, der sich wiederum eine Zukunft mit Sahra Wagenknecht nicht mehr vorstellen kann. NDR Filmemacherin Birgit Wärnke hat für die Dokumentation „Der Bruch.
    Sahra Wagenknecht und Die Linke“ ausgewählte Protagonistinnen und Protagonisten knapp ein Jahr lang begleitet. Wärnke zeichnet das Bild eines tiefen Zerwürfnisses und unüberbrückbarer Gegensätze unter den Genoss*innen. Selbst Gregor Gysi, der monatelang versucht hat, Sahra Wagenknecht in der Partei zu halten, wirkt fast schon hilflos und angefasst. Steht nicht nur die Partei Die Linke, sondern auch Gysis Lebenswerk auf dem Spiel? Birgit Wärnke begleitet für die Dokumentation sowohl Sarah Wagenknecht als auch Vertreter*innen des sogenannten progressiven Teils: Elke Breitenbach, ehemalige Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, und Thomas Nord, ehemaliger Bundestagsabgeordneter.
    Das Polit-Ehepaar hat im vergangenen Dezember das Netzwerk progressiver Linker gegründet. Bereits Ende 2022 fordern auf diesem Gründungstreffen knapp 100 Genossinnen und Genossen, dass Sahra Wagenknecht keine öffentliche Funktion für die Partei mehr ausüben solle.
    Sahra Wagenknecht und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer kritisieren hingegen genau solche „progressiven“ Genossinnen und Genossen in ihrer Partei heftig, etwa als „Lifestyle-Linke“ und „Linksliberale“, die sich vor allem um Großstadtprobleme wie Genderfragen und Bioprodukte kümmern, aber die eigentlichen Interessen der Arbeiter, das Kernklientel der Linken, nicht mehr im Blick hätten. Das sei das Hauptproblem der Linken, so auch Oskar Lafontaine, Politlegende und Ehemann von Sahra Wagenknecht. Lafontaine attestiert seiner ehemaligen Partei und dem Vorstand, „falsche Politik“ zu betreiben.
    Lafontaine sieht wie Sahra Wagenknecht eine Leerstelle im politischen System, die Die Linke nicht mehr ausfülle. Für das Polit-Ehepaar Wagenknecht/​Lafontaine ist klar: Die schlechten Wahlergebnisse, der Mitgliederschwund und die miesen Umfragewerte der Partei sind Ausdruck des Versagens des Parteivorstandes und einer falschen Zielsetzung. Für Elke Breitenbach und Thomas Nord sind sie dagegen Ausdruck der andauernden innerparteilichen Querelen, des nicht erkennbaren Profils der Partei und der ständigen Drohung Wagenknechts, eine Konkurrenzpartei gründen zu wollen.
    Die Dokumentation „Der Bruch. Sahra Wagenknecht und Die Linke“ ist eine Chronik des Auseinanderfallens einer Partei. An ausgewählten Ereignissen, u. a. der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, der Friedenskundgebung in Berlin, der Frage nach Waffenlieferungen in die Ukraine, dem Streit um den Beschluss des Parteivorstandes, Wagenknecht solle ihr Bundestagsmandat zurückgeben, zeichnet der Film eindringlich die Konfliktlinien in der Partei nach. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 23.10.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereSo 22.10.2023ARD Mediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 25.10.2023
  • Folge 26 (45 Min.)
    Unter Zeitdruck: Erste „Gepard“-Munition für die Ukraine.
    Es ist ein regnerischer Morgen im August, als Fachleute von Deutschlands größtem Rüstungskonzern Stichproben der neuen Gepard-Munition verschießen. Wir sind im Süden der Lüneburger Heide, am Rheinmetall-Standort Unterlüß, hinter Wald, Warnschildern und Stacheldraht. Im Kontrollraum bauen sich zu jeder Salve Datenkurven auf: Austrittsgeschwindigkeit bei Mündungsfeuer, Dauer der Leuchtspur, Schusszahl pro Minute. Es ist die Munition, auf die die Ukraine sehnlichst wartet, um sich weiter gegen russische Luftangriffe zu verteidigen.
    Kurz zuvor hat sich in Unterlüß ein leitender Mitarbeiter nach der Werksschicht bedankt. „Ihr könnt stolz sein“, sagte er seinem Team. Tatsächlich gilt der Aufbau der hochsensiblen Fertigungsstraße binnen weniger Wochen als eine Rekordleistung. Begleitet hat ihn, unter Einhaltung von Geheimhaltungs- und Sicherheitsauflagen, ein TV-Team der „ARD Story“. Auch als Konzernchef Armin Papperger hier jenseits der Öffentlichkeit einen hochrangigen Kunden empfängt, läuft die ARD-Kamera mit. Angereist ist der Verteidigungsminister Ungarns, der bald darauf in fabrikneue, tarngefleckte Panzer steigt, selbst einen Kanonenschuss auslöst und sich schließlich per Nebelwerfer samt Fahrzeug in Tarnwolken hüllt.
    Detailreich erklärt Papperger ihm Bordwaffen und Munition, die vernetzte Kriegführung der Zukunft, Kundenandrang, Lieferfristen. Der Mann, der den Konzern seit mehr als zehn Jahren führt, erscheint als überzeugender Verkäufer. Sechs Monate lang hat NDR-Reporter und Grimme-Preisträger Klaus Scherer diese und weitere einzigartige Einblicke in den Rheinmetall-Konzern erhalten, dessen Mitarbeiter sich zuvor über Jahrzehnte daran gewöhnt hatten, als Waffenbauer öffentlich eher gemieden, wenn nicht gar von Kritikern beschimpft zu werden.
    Wie erleben sie die neue Wertschätzung? Wie prägt die Zeitenwende ihren Alltag? Erstmals geht eine Langzeitreportage, quasi in Nahaufnahme, diesen Fragen nach. Scherer zeigt, wie in Rheinmetall-Fabriken an altem wie neuem Kriegsgerät hantiert wird, lässt sich die Funktionsweisen von Haubitzen und kinetischen Geschossen schildern, beschreibt Engpässe und Schwierigkeiten.
    Ob die Beschäftigten ihre Arbeit denn mit den Kriegsszenen verbinden, die sie allabendlich in den Nachrichten sehen, fragt er mitunter nach. Manche tun es, manche nicht. Über Anerkennung indes freuen sich alle. „Früher mussten wir uns hier den Weg zur Arbeit schon mal durch eine Demo bahnen und waren die Buhmänner“, erinnert sich ein leitender Mitarbeiter. „Jetzt ist es ruhiger.“ „Unsere Beschäftigten waren immer überzeugt davon, dass sie das Richtige tun“, sagt Papperger, als er zur Frankfurter Börse vorgefahren wird.
    „Es ist schön, dass das auch von anderen nun so gesehen wird.“ Es ist der Tag, an dem Rheinmetall in den Kreis der DAX-Unternehmen aufsteigt, der bisherige Höhepunkt in Pappergers Laufbahn. Seit 30 Jahren ist er Rheinmetaller, er weiß noch, wie sich ein Schraubenschlüssel anfühlt. Ein bisschen stolz? „Ich würde es Demut nennen“, antwortet er. Den ganzen Vormittag steht er im Rampenlicht. „Wir müssen Deutschland dienen“, ist einer seiner Lieblingssätze.
    Scherers Film gerät auch zum Porträt eines Vorstandschefs, der in Wirtschaftskreisen mal als angenehm bodenständig beschrieben wird, mal als auffallend umtriebig. Als Papperger in Berlin den ukrainischen Botschafter trifft, um seine Pläne für direkte Kooperationen mit Kiew weiterzutreiben, ist das ARD-Team ebenfalls dabei. Oder im Kasseler Werk, wo Kunden den Fuchs-Transportpanzer testen, einschließlich Probefahrt in einer Kiesgrube. Und immer wieder im Werk Unterlüß, wo in eilig umgeräumten Hallen Mitarbeiter die ruinierten Puma-Panzer der Bundeswehr aufmöbeln, werksüberholte Leoparden prüfen oder beklagen, dass jedes Empfängerland für gekaufte Munition auf eine andere Verpackung pocht, obwohl überall das Gleiche drin ist.
    Und von wo in diesen sechs Monaten schon mal nahezu unbemerkt ein Güterzug mit 20 kampfbereiten Marder-Panzern auf seinen Weg Richtung Ukraine rollt. Auch mit den Kritikern spricht Scherer, darunter organisierte Kleinaktionäre und der Tübinger Anwalt Holger Rothbauer, der Rheinmetall mit Blick auf einen früheren Auftrag der Vereinigten Arabischen Emirate verklagt hat wegen Verstoßes gegen das Völkerstrafrecht.
    Differenziert kommt der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter zu Wort, dessen traditionell rüstungskritische Partei die Zeitenwende ebenfalls verändert hat. „Es geht hier um eine Demokratie, die angegriffen wird, und um eine Diktatur, die Schandtaten begeht“, sagt er nach zwei Ukraine-Reisen und fordert mehr Tempo bei Waffenlieferungen. Zugleich kritisiert auch er Rheinmetall für die noch immer anhängige Entschädigungsklage gegen die Bundesregierung, weil diese nach der Krim-Annexion ein Konzerngeschäft mit Russland gestoppt hatte.
    „Damit der Film möglich wurde, mussten wir nicht nur Geheimhaltungs- und Sicherheitsregeln beachten, sondern auch den Persönlichkeitsschutz von Werksmitarbeitern und Aktionären“, sagt Scherer zu den Drehbedingungen. „Umgekehrt legten wir Wert darauf, überall Fragen stellen zu können, auch spontan.“ Den ersten Beleg dafür liefert im Film der Großkunde aus Ungarn. Als Scherer ihn fragte, warum seine Regierung den Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs gegen Wladimir Putin ignoriere, brach er das Gespräch ab. Die Kamera lief. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 24.10.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereMo 23.10.2023ARD Mediathek
    • Alternativtitel: Wie der Nahostkrieg Deutschland zu spalten droht
    Folge 27 (30 Min.)
    Seitdem die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfallen und Israels Verteidigungskrieg begonnen hat, werden in Deutschland Gräben sichtbar. Muslimische Verbände in Deutschland verurteilen zwar die Gräueltaten der Hamas, doch viele Muslime schauen vor allem auf das Leid der Palästinenser im Gazastreifen und sehen Israel als Aggressor. Gleichzeitig hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland deutlich zugenommen. Die „ARD Story“ dokumentiert, wie der Krieg in Nahost auch Deutschland verändert. Die Autoren erleben, wie Menschen auf Demonstrationen Israel Genozid an den Palästinensern vorwerfen und das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen mit den Gräueltaten der Nazis vergleichen.
    Sie erleben auch, wie bei diesen Demos die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus verschwimmt. Im Gespräch mit Muslimen gehen Katja Garmasch, Hüseyin Topel und Mareike Wilms der Frage nach, woher Hass und Vorurteile kommen. Sie treffen Muslime, die sich klar gegen Antisemitismus aussprechen, erfahren, dass in deren Kindheit aber „Jude“ ein Schimpfwort war. Und auch, dass seit Kriegsbeginn viele Muslime den deutschen Medien einseitige Berichterstattung vorwerfen.
    Die Autoren treffen Juden, die das Vorgehen der Israelis im Gazastreifen als notwendig bezeichnen und Angst vor antisemitischen Attacken gegen ihre Kinder haben. Der Nahostkrieg sorgt für Angst und Wut und er spaltet. Geht ein Riss durch unsere Gesellschaft? Der Film zeigt, wie die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal versucht, das zu verhindern. Ihre Bildungsbewegung „GermanDream“ bringt Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem religiösem und kulturellem Background ins Gespräch über den Nahostkrieg – um damit Ängste und Vorurteile abzubauen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 20.11.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereDo 16.11.2023ARD Mediathek
  • Folge 29 (45 Min.)
    Weit über 23.000 Reichsbürger leben in Deutschland. Jeder Zehnte gilt laut Verfassungsschutz als gewaltbereit. Waffen von Reichsbürgern werden immer wieder durch die Polizei beschlagnahmt.
    Sie wollten einen Umsturz. Die „Patriotische Union“ um Prinz Reuß plante einen Bürgerkrieg in Deutschland, so die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft. Die Doku erzählt die schier unglaubliche Geschichte der mutmaßlichen Terrorzelle und heftet sich an die Spuren der Mitglieder. Die Recherchen zeigen: Die Zerschlagung der Reuß-Truppe ist offenbar nicht das Ende der militanten Reichsbürgerszene. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 05.12.2023Das Erste
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 06.12.2023
  • Folge 30 (45 Min.)
    Oft haben Jung und Alt unterschiedliche Arbeitsvorstellungen: Tilo Pietschmann (li.) und Urs Meier.
    „New Work“ ist ein Megatrend, doch neue Arbeitsmodelle – wie sehen die aus? Und helfen sie, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt, den Fachkräftemangel zu lösen? Fakt ist: Viele deutsche Personalchefs haben die Faxen dicke. Junge Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen haben schon in Einstellungsgesprächen Forderungen, die ein derart anderes Verständnis von Arbeit zeigen, dass einige Unternehmen keine jungen Fachkräfte mehr einstellen wollen. Die Jungen wollen weniger und anders arbeiten. Doch wie tickt die „Generation Z“ wirklich? Und können wir uns das leisten? Schon heute fehlen 1,4 Millionen Arbeitskräfte, der Mangel betrifft fast alle Branchen.
    Wenn die Boomer in Rente gehen, könnten es fünf Millionen werden. Wer macht dann die Arbeit? Zum Beispiel in der Pflege? Könnte auch hier „New Work“ eine Lösung sein? „Die Story“ geht diesen Fragen nach und findet überraschende Antworten. In Pflegeheimen und bei mittelständischen Unternehmen, auf Ausbildungsmessen und bei der Deutschen Bahn, die das Thema „New Work“ in vielen Bereichen konsequent umsetzt. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMi 13.12.2023Das Erste
  • Folge 30 (45 Min.)
    Rechtsmediziner Dr. Florian Fischer von der LMU München.
    Im Umland von München unternehmen im Spätsommer 2019 zwei Anfang zwanzigjährige Männer in einem hochmotorisierten Sportwagen eine Spritztour. Sie überschreiten 149-mal die erlaubte Höchstgeschwindigkeit. Mit 305 km/​h verlieren sie nachts auf der Autobahn die Kontrolle über den Mietwagen. Es kommt zu einem dramatischen Unfall. Nur einer der beiden Freunde überlebt diesen Horror-Crash. Noch am Unfallort äußert er gegenüber der Polizei, er sei der Beifahrer gewesen. Während die Medien über den Verstorbenen als „unverantwortlichen Todesraser“ schreiben, tauchen bei den Ermittlern erste Zweifel am Unfallhergang auf.
    Haben die beiden Freunde an einem illegalen Straßenrennen teilgenommen? Wer saß zum Zeitpunkt des Unfalls am Steuer? Die A95 München – Garmisch ist in der Unfallnacht kaum befahren. Zora Schulten-Vidavic ist zusammen mit ihrem Mann auf der Heimreise aus dem Urlaub, als ein heranschießender Wagen sie wie eine Rakete überholt. Wenige Sekunden später sieht sie eine riesige Feuersäule vor sich aufsteigen.
    Sie alarmiert den Notruf. Ihre Dashcam zeichnet das Geschehen auf. Bei den späteren Ermittlungen wird sie eine der wichtigsten Zeuginnen sein. Mehr als 50 Rettungskräfte und Feuerwehrleute machen sich auf den Weg zur Unfallstelle. Sie finden ein Bild der Verwüstung vor. Trümmer des Wagens liegen in einem Radius von über 150 Metern verteilt. Sie entdecken zwei Verkehrsopfer, einer von ihnen verstirbt noch am Unfallort. Deshalb leitet die Staatsanwaltschaft noch in der Nacht ein Ermittlungsverfahren ein und schickt einen KFZ-Sachverständigen an die Unfallstelle.
    Der überlebende, verletzte Fahrzeuginsasse gibt im Krankenhaus gegenüber der Polizei an, den Wagen habe sein Freund Ben Apostoli gesteuert. Bens Apostolis Bruder, Raphael, erfährt tags darauf aus der Presse von einem Horror-Unfall auf der A95 mit einem Verletzen und einem Toten. Zu diesem Zeitpunkt hat er bereits eine Vorahnung. Sein Bruder kam nachts nicht nach Hause und war am Vortag mit seinem Kumpel Alex auf Spritztour. Ein Anruf bei der Polizei bringt die grausame Gewissheit.
    An der Unfallstelle versuchen Ermittler und Gutachter den Unfallhergang zu rekonstruieren. Kann er sich so ereignet haben, wie es der Überlende zu Protokoll gab? Die Analyse wird Monate in Anspruch nehmen, bis ein belastbares Ergebnis vorliegt. Währenddessen melden sich bei der Polizei Zeugen, die kurz vor dem Unfall ein illegales Autorennen auf derselben Strecke beobachtet haben wollen. Die Familie von Ben Apostoli ist traumatisiert. Neben dem Verlust lastet auf ihnen auch das Bild des „Todesrasers“.
    Raphael kannte seinen Bruder als einen verantwortlichen Menschen, kann sich nicht vorstellen, dass er sein Leben und das anderer riskiert hätte. Er kann das Geschehen nicht fassen. Kurz bevor die geräumte Unfallstelle für den Verkehr wieder freigegeben wird, untersuchen Polizeibeamte den Ort ein weiteres Mal gründlich nach Hinweisen und finden das Mobiltelefon von Ben Apostoli. Bei der Auswertung der Daten stoßen sie auch auf Fotos und Videos aus der Unfallnacht und vom Tag davor, an dem die beiden Freunde bereits mit dem 600 PS starken Sportwagen unterwegs waren.
    Mit Hilfe der neuen Puzzleteile setzen die Ermittler Stück für Stück ein Bild der Geschehnisse zusammen. Tatsächlich waren tagsüber zwei hochmotorisierte Autos zusammen unterwegs. Der Unfallwagen war ein Leihfahrzeug von der Agentur „Eazy Rent“. Das Unternehmen spricht mit dem Slogan „Ganz eazy zu deinem Traumwagen“, ohne Kreditkarte, ab 18 Jahren, gezielt junge Menschen an. Über den GPS-Tracker können die Ermittler nicht nur die genaue Fahrtstrecke der Spritztour nachweisen, sondern auch die Geschwindigkeitsüberschreitungen.
    Von München ging es tagsüber über Starnberg, Wolfratshausen, Bad Tölz bis nach Rottach-Egern am Tegernsee, wo mehrere Zwischenstopps verzeichnet sind. Von dort aus ging es gegen 20:15 Uhr auf der fast gleichen Route zurück nach München. Insgesamt kam es zwischen Fahrtbeginn und Unfall zu 149 Übertretungen. Mehrmals wurde der Wagen auf über 300 km/​h beschleunigt. Und die Daten geben noch weitere Informationen preis: Schon zu Beginn des Mietverhältnisses zeigte eine Warnleuchte im Wagen von Alex und Ben an, dass die Bremsbeläge gewartet werden müssen.
    Doch erst das von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene Gutachten bringt 16 Monate nach dem Unfall eine endgültige Wende und Klarheit in die Ermittlungen: Mittels der Analyse von Trümmerteilen und DNA-Spuren weist es eindeutig nach, dass nicht Ben Apostoli, sondern Alex K. zum Zeitpunkt des Unfalls am Steuer gesessen hatte. Ein illegales Autorennen im geläufigen Sinn, sprich zwischen zwei oder mehreren Fahrern, hat nicht zu dem Unfall geführt.
    Jedoch kennt das Gesetz seit 2017 auch den Straftatbestand „verbotenes Rennen mit Todesfolge“, wenn nur ein Wagen unter Missachtung der Verkehrslage auf das Maximale beschleunigt und durch den Straßenverkehr steuert. Im Mai 2021 erhebt die Staatsanwaltschaft München 1 Anklage gegen Alex K. Er wird der Falschaussage und des Verbrechens beschuldigt, an einem verbotenen Rennen mit Todesfolge teilgenommen zu haben.
    Die neuen Erkenntnisse reißen bei Bens Familie wieder Wunden auf. Beim anstehenden Gerichtsprozess tritt Raphael als Nebenkläger auf. Er hofft für sich und seine Familie, nach dem Prozess endlich Frieden zu finden. Die dreiteilige Doku-Serie begibt sich auf die Spur des „Horror-Unfalls“. Sie zeichnet die akribischen Ermittlungen nach, die zu einem Gutachten führen, das schließlich für eine überraschende Wende in dem Fall sorgt. Daneben wird aber auch erzählt, wie die Familie des verstorbenen Unfallopfers trauert und durch Anfeindungen in den sozialen Medien stigmatisiert wird. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 12.12.2023Das Erste

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