Dokumentation in 5 Teilen, Folge 1–5

  • Folge 1
    Glaubt man den Einwohnern von Istanbul, dann gibt es ein Phänomen über das alle stöhnen: den Verkehr. „Trafik – Problem – Istanbul“: Auf diese Gleichung bringen es die Taxifahrer. Kai Strittmatter arbeitet seit fünf Jahren als Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“ in Istanbul. Er zeigt am konkreten Beispiel die Absurdität des „blechernen“ Alltags der Metropole am Bosporus und nimmt die Zuschauer mit auf eine Odyssee zum Flughafen – mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
    Burhan Demircan ist eine Legende unter Istanbuls Straßenverkäufern. Er hat es vom Sesamkringelhändler bis zur eigenen Fernsehshow gebracht und profitiert wie Zehntausende seiner Kollegen von der enormen Verkehrsdichte der Stadt. Demircan verkauft allerdings nicht zwischen den ständig hupenden Autos, sondern hat sich auf die Schiffe spezialisiert.
    Auch der Lotse Ali lebt vom Betrieb auf dem Wasser. Er lenkt bis zu 300 Meter lange Schiffsriesen mit gefährlichen Gütern durch die enge und gefährliche Wasserstraße zwischen Marmara-Meer und Schwarzem Meer. Um das Nadelöhr zu entlasten, sollte 2010 die Metrolinie fertig sein, die auf dem Meeresgrund den Bosporus unterquert. Doch – wie so oft in dieser Stadt – stellte sich die Antike der Moderne in den Weg. Bei den Bohrungen zum Marmaray-Tunnel wurde der antike Hafen von Theodosius entdeckt, der das Projekt verzögert. Doch im Jahr 2013 – zum 90. Geburtstag der Republik Türkei – soll der Tunnel nun aber vollendet sein. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereMo 27.09.2010arte
  • Folge 2
    Fußball, Nationalismus und Religion sind drei prägende Facetten des Alltags am Bosporus. Am Todestag des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk steht die Stadt für einen Moment kollektiv still. Wenn die Kicker von Fenerbahce verlieren, brennt schon mal das Stadion.
    Mit der 17-jährigen Schülerin Ipek lernt der Zuschauer die Omnipräsenz des „Vaters aller Türken“ kennen. Und Nebahati Inci lebt vom toten Übervater, denn er stellt Atatürk-Statuen und Büsten aus Plastik her. Alle großen Fußballklubs Istanbuls rühmen sich, Atatürks Lieblingsverein gewesen zu sein. Doch Pasali Birol, ein „Hardcore“-Fenerbahce-Fan, von dem der deutsche Fußballtrainer Christoph Daum sagt, blaugelbes Blut fließe durch seine Adern, beharrt auf Atatürks Affinität zum größten Istanbuler Fußballklub. „In diesem Land kannst du es ganz weit bringen sogar ohne Kapital“, sagt der Intellektuelle Murat Belge, „aber nicht ohne ein Bild von Atatürk“.
    Feridun Özdemir ist Musiker, Radiomoderator und ebenfalls Fenerbahce-Fan. Beim Sender Marmara-FM geht er täglich drei Stunden on air. Der gläubige Moslem ist aber auch ein Rockstar in der Türkei. Mit islamischem Rock versucht er, das Bild einer toleranten Religion zu vermitteln. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereDi 28.09.2010arte
  • Folge 3
    Der Moloch Istanbul hat ein chaotisches Wachstum erlebt. Die Einwohnerzahlen sind von etwa 2,7 Millionen im Jahr 1980 auf über zehn Millionen im Jahr 2007 gestiegen. Aktuelle Schätzungen gehen von 13 Millionen aus. Eine unübersehbare Folge dieser Entwicklung ist ein Bauboom, der ohne jegliche Stadtentwicklungsplanungen auskommen musste. Nur 40 Prozent der Gebäude in der Türkei entstehen mit einer amtlichen Baugenehmigung, davon werden wiederum nur zehn Prozent von Architekten geplant. „Gecekondu“ heißen die meist über Nacht hochgeschossenen ärmlichen Vorstadtviertel.
    In Flughafennähe entsteht „The Bosphorus City“. Auf einer der größten Baustellen Europas entsteht eine neue Wohnsiedlung für mindestens 10.000 Menschen. Das sie durchziehende Wasserbassin symbolisiert dabei den Bosporus. Jean-François Perouse, ein Stadtforscher, der seit elf Jahren in Istanbul zu Hause ist, nennt es schlicht Kitsch.
    Die Innenarchitektin Zeynep Fadillioglu ist die erste Frau, die eine Moschee gestaltet hat, das könnte Signalcharakter für die islamische Welt haben. Sie ist am Bosporus aufgewachsen, direkt am Wasser. Hakan Kiran, der Stararchitekt aus der Vorstadt Göktürk, hat dem Zentrum Istanbuls den Rücken gekehrt – aus Angst vor den Erdbeben. Und die Roma von Sulukule wurden aus ihrem alten Stadtviertel vertrieben, sie mussten Platz machen für Neues. Die Dokumentation schildert Szenen aus dem Leben einer Stadt, die scheinbar unkontrolliert aus den Nähten platzt. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereMi 29.09.2010arte
  • Folge 4
    Beim Treffen des Weltwirtschaftsforums im November 2006 in Istanbul wurde ein Bericht zum sogenannten Gender Gap, zur Kluft in Bezug auf die Gleichberechtigung der Geschlechter, vorgestellt. Danach belegt die Türkei Platz 105 von 115 untersuchten Ländern, das heißt, dass hier die Frauen schlechter gestellt sind als beispielsweise in Äthiopien, Mali und Burkina Faso. Die Türkei bleibt in fast jedem Kriterium zur Messung der Gleichberechtigung hinter allen anderen europäischen Staaten zurück. So hat das Land den niedrigsten Frauenanteil unter Parlamentariern sowie unter der erwerbstätigen Bevölkerung und die höchste Analphabetenrate bei Frauen in Europa. Und doch sieht die international anerkannte Schriftstellerin Elif Shafak die Türkei auf einem guten Weg.
    Die Taxifahrerin Nebahat zum Beispiel ist in einer Männerdomäne zu Hause. Sie meint, die Aggressivität der Männer liege in den Genen und die Mütter verwöhnten die kleinen Prinzen.
    Das in der Dokumentation gezeichnete Porträt der Frau am Bosporus lebt vom Widerspruch zum anderen Geschlecht, zum türkischen Macho. Der scheint in der Metropole Istanbul immer häufiger den Kürzeren zu ziehen, denn die Zahl gut ausgebildeter Frauen am Bosporus wächst ständig. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereDo 30.09.2010arte
  • Folge 5
    Eine Trendwende hat eingesetzt. Die dritte Generation der Migranten, die Enkel der Gastarbeiter, verlassen zunehmend Deutschland, gehen zurück in ihre vermeintliche Heimat, die Türkei. Istanbul ist ein begehrtes Ziel für die „Deutschländer“, wie sie sich nennen. Asuman kommt aus Berlin, hat sechs Jahre in Hawaii studiert und in Deutschland keinen passenden Arbeitsplatz gefunden. Vor zweieinhalb Jahren ist sie zurückgekommen, arbeitet bei der ältesten Tageszeitung Cumhurriyet als Online-Redakteurin – wegen besserer Berufsaussichten.
    Dank ihrer guten Ausbildung bekommen die jungen Türken in der neuen alten Heimat eher einen Job, die Aufstiegschancen sind besser. Jeder dritte deutsch-türkische Student plane seine Karriere mittlerweile in der Türkei und nicht in Deutschland, so geht es aus einer Studie des Dortmunder „Futureorg Institut“ hervor. Auf der Dachterrasse des Restaurants Teras6 treffen sich die Auswanderer zum Stammtisch. In unregelmäßigen Abständen versammelt Cigdem Akkaya interessierte Schicksalsgenossen. Mittlerweile umfasse ihr Verteiler mehr als 1000 Personen.
    Und dabei ist die Idee noch keine fünf Jahre alt … Stammgast beim Stammtisch ist normalerweise auch Sükriye Dönmez, Schauspielerin aus Kreuzberg, die in Istanbul nach einer Hauptrolle sucht. Erdogan Altindis ist seit 14 Jahren zurück aus München. 35 Jahre hat er in Deutschland gelebt, seine Kinderlähmung behandeln lassen und Architektur studiert. Die einzigartige Aussicht setze bei ihm die Energie frei, die er braucht, um seine sehr erfolgreiche Agentur weiterzubringen. Istanbul gehöre die Zukunft, meint der kreative Kopf. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereFr 01.10.2010arte

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