Dokumentation in 5 Teilen, Folge 1–5

  • Folge 1
    Bilder beherrschen unser Leben. Sie beeinflussen unser Verhalten, unser Denken, unsere Gefühle. Aber wie entstand überhaupt Kunst? Warum begann der Mensch irgendwann, sich kreativ auszudrücken? Die Antwort auf diese Frage liefert diese inspirierende fünfteilige Serie. Sie führt nicht nur Kunstliebhaber durch fünf Kontinente und 100.000 Jahre Menschheitsgeschichte. Sie interpretiert bahnbrechende Kunstwerke, die dazu beigetragen haben, unsere heutige Welt zu gestalten. Es ist eine Spurensuche in der Vergangenheit, bis hin zu den ältesten Ritualen der Menschheit, die Aufschluss darüber geben, wie und warum Kunst uns in ihren Bann zieht.
    Und sie präsentiert namhafte Wissenschaftler und neue Theorien, die sich mit den großen Rätseln unseres künstlerischen Erbes auseinandersetzen. 1. Körperkunst Das beliebteste Motiv unserer Bilderwelt sind Abbildungen des menschlichen Körpers. Aber warum ziehen wir unrealistische Darstellungen vor? Die Suche nach der Antwort beginnt in der Steinzeit. Vor 30.000 Jahren wurde die „Venus von Willendorf“ erschaffen. Ihre Gestalt wirkt auf uns grotesk, und doch ergab ihr Aussehen in der damaligen Kultur einen Sinn.
    Gehirnspezialist Vilayanur Ramachandran erklärt in dieser Folge, dass unser Gehirn so programmiert ist, dass es auf Übertreibung besser anspricht. Es ist ein uralter Instinkt, der bis heute wirkt. Die ägyptische Kunst mit ihren strengen, stark schematisierten Körperdarstellungen zeigt dagegen, dass auch die Kultur bei unseren Kunstvorlieben eine große Rolle spielt. Die alten Ägypter waren ein streng strukturiertes, hierarchisches Volk, in dem alles auf Ordnung und Beständigkeit angelegt war.
    Diese Werte spiegeln sich auch in der Kunst. Der Kampf zwischen Natur und Kultur lässt sich anhand der Kunst der alten Griechen belegen. Besessen von ihrer Körperkultur und dem Glauben, Götter besäßen Menschengestalt, strebten sie danach, ihre Statuen so realistisch wie möglich zu formen. Als sie die Technik dafür gelernt hatten, stellte sich jedoch heraus, dass Realismus langweilig ist und keinen künstlerischen Genuss bot. So kam es, dass die erste Kultur, die technisch das Zeug zum künstlerischen Realismus hatte, ihn zugunsten der Übertreibung wieder verwarf. (Text: XXP)
    Deutsche TV-PremiereSa 24.12.2005VOXOriginal-TV-PremierePBS
  • Folge 2
    Die Fähigkeit, Bilder zu verstehen, ist für uns selbstverständlich. Wir verlassen uns Dutzende Male pro Tag auf sie. Und doch muss es eine Zeit gegeben haben, in der der Mensch diese Fähigkeit erst entwickelte. Indem er Bilder erschuf und lernte, dass sie etwas bedeuten können. Die ersten Höhlenmalereien in Frankreich und Spanien entstanden vor rund 35.000 Jahren. Doch warum wurden sie erschaffen? Aus rein ästhetischen Gründen? Warum stellen sie nur Tiere dar? Und warum befinden sie sich an dunklen, unzugänglichen Orten, wo man sie nicht sehen kann? Wenn es Jagdszenen waren, warum haben die Urmenschen dann nur Tiere gemalt, die ihnen nicht als Nahrung dienten? Die Antwort auf diese Fragen lassen sich in Südafrika finden.
    Der Anthropologe David Lewis-Williams hat sich mit den Felsmalereien der San-Buschmänner beschäftigt, die den europäischen Höhlenmalereien stark ähneln. Er hat herausgefunden, dass sie von Trance-Zuständen inspiriert sind. Schamanen haben das gezeichnet, was sie bei ihren Trance-Tänzen gesehen haben.
    Lewis-Williams hat auch eine neurologische Erklärung für die abstrakten, geometrischen Elemente, die sich in den Zeichnungen der San und der prähistorischen Höhlenmaler fanden: In trance-ähnlichen Zuständen erscheinen jedem Menschen geometrische Muster vor den Augen. Auch die Höhlenmenschen haben also nicht ihre reale Umgebung gezeichnet, sondern ihre Visionen an die Wände gemalt. Und in dem Moment, in dem die Bilder erschaffen wurden, haben sie uns in ihren Bann gezogen – die Macht der Bilder war entfesselt. (Text: XXP)
    Deutsche TV-PremiereSa 24.12.2005VOXOriginal-TV-PremierePBS
  • Folge 3
    Bilder können schmeicheln, manipulieren, überzeugen, verführen – eine Fähigkeit, die politische Führer auf der ganzen Welt schon sehr früh erkannt haben. Wann wurde die politische Kraft der Bilder entdeckt? Ein 5.000 Jahre altes Grab in Großbritannien gibt Auskunft. Der Tote war mit kunstvollem Goldschmuck bestattet, alles an seinem Grab verriet, dass es sich um einen Anführer gehandelt haben musste. Das Besondere an ihm: er war kein Brite, er stammte aus den Alpen. Mit Hilfe kostbarer Kunstgegenstände ist es ihm gelungen, in der Fremde an die Macht zu kommen. Schon immer nutzten Potentaten die Kunst, um sich über die Massen zu erheben und sich Autorität zu verschaffen.
    Ein Beispiel aus der Antike: Alexander der Große eroberte das persische Reich. Er ließ Münzen mit seinem Konterfei prägen, die im ganzen Reich verbreitet wurden. Er hat verstanden, welche Macht ein Bild haben kann, wenn es darum geht, seine Macht zu festigen. Sein Porträt gelangte sogar bis nach Pompeji, wo es in einem Mosaik verewigt wurde. Kurz vor Christi Geburt wurde die politische Propaganda erfunden. Kaiser Augustus wollte die Republikaner für sich gewinnen und das geteilte Reich vereinen. Dies gelang ihm mit Hilfe der Kunst. Er ließ eine Büste von sich anfertigen, die Demut und Mitgefühl ausdrückte, Werte, die die Republikaner ansprachen.
    Er polierte sein Image mit Hilfe von Statuen auf, die ihn als von Gott gesegneten Kaiser darstellten. Seine Herrschaft führte zu einem Bauboom in Rom. Triumphbögen, Viadukte, Obelisken, Ehrenmale – alle huldigten seiner Herrschaft. In Wirklichkeit war Augustus kein Republikaner. Er war ein mächtiger Monarch der alten Schule, der mit Hilfe von Erlassen, Vetternwirtschaft und Korruption regierte. Mit Hilfe der Kunst gelang es ihm, das Volk auf seine Seite zu ziehen. Bilder waren ein unverzichtbarer Bestandteil des politischen Arsenals eines jeden Führers geworden. (Text: XXP)
    Deutsche TV-PremiereSa 31.12.2005VOXOriginal-TV-PremierePBS
  • Folge 4
    Spielfilme sind die erfolgreichste Art, eine Geschichte mit Bildern zu erzählen. Kinokarten und DVD-Verkauf in Milliardenhöhe pro Jahr beweisen es. Filme haben die Macht, uns in eine andere Welt zu transportieren. Woher kommt diese Macht? Die erste Heldengeschichte wurde im antiken Mesopotamien niedergeschrieben – in Keilschrift: das Gilgamesch-Epos. Diese Geschichte hat den assyrischen König Assurbanipal so inspiriert, dass er Fresken dazu anfertigen ließ. So entstand die erste Zutat zu einem erfolgreichen Spielfilm: der Held.
    Die Fresken zeigen Gilgamesch beim Kampf mit Löwen. Assurbanipal erkannte das Potenzial einer solchen Darstellung und ließ seine eigenen Heldentaten und siegreichen Schlachten in Stein meißeln. So entstand die nächste Zutat: eine Geschichte mit einem Anfang, einem Mittelteil und einem Ende. Es gab Gewalt zu sehen, aber als Betrachter fühlte man sich nicht einbezogen. Es fehlte etwas Wichtiges: die Gefühle. Wann kamen sie ins Spiel? Auskunft geben die riesigen Statuen von Sperlonga in Italien. Hier haben griechische Künstler die sagenhaften Abenteuer von Odysseus in Statuen umgesetzt.
    Diese Statuen fangen genau den Moment der größten Anspannung ein: der Held steht kurz davor, dem Zyklopen einen Speer ins Auge zu rammen. Mit diesen Figuren kann man mitfühlen, ihre schreckliche Lage nachempfinden – eine wichtige Zutat für visuelles Geschichtenerzählen. Aber noch hatte niemand alle drei Elemente kombiniert. Hier kommt die Trajanssäule ins Spiel. In dem 35 Meter hohen Monolithen von Rom ist die Geschichte von Trajans Sieg über die Daker eingemeißelt, in 55 Szenen, die sich um die Säule winden: Der erste Film aus Stein.
    Sogar visuelle Tricks gab es damals schon: unterschiedliche Blickwinkel, Schnitte zwischen den Szenen und einen Trailer. Und doch fehlt immer noch etwas: Der Geschichte gelingt es nicht, uns so mitzureißen, dass wir unsere reale Welt vergessen. Die letzte Zutat finden wir in Australien. Die Aborigines malen seit Tausenden von Jahren immer wieder dieselben Motive. Diese Bilder sind ein wichtiger Bestandteil ihrer Kultur. Warum haben diese Geschichten so lange überlebt? Die Antwort darauf hat David Attenborough gefunden.
    Die Aborigines tragen ihre Geschichten mit Hilfe von Musik vor. Die Tatsache, dass zwei Sinne – Augen und Ohren – angesprochen werden, verleiht den Geschichten ihre Macht. Diese Erzähltechnik ist älter als Mesopotamien, die alten Griechen oder Römer. Es war der Soundtrack, der die Geschichten der Aborigines tausende von Jahren überleben ließ. Und es ist heute noch das Element, das unsere Phantasie beflügelt und uns in eine andere Welt befördert, wenn wir im Kino sitzen. (Text: XXP)
    Deutsche TV-PremiereSa 31.12.2005VOXOriginal-TV-PremierePBS
  • Folge 5
    In den westlichen Kulturen bekommen die Menschen heute viel seltener einen Toten zu Gesicht als in jedem Zeitalter zuvor. Und dennoch scheinen wir fixiert auf Bilder vom Tod und von Toten. Wir besuchen Friedhöfe, sehen uns Fotografien Verstorbener an, und werden im Fernsehen und Kino mit Bildern von Toten bombardiert. Tod ist ein wichtiges Thema unserer visuellen Kunst. Warum? Archäologen fanden bei Ausgrabungen in Jericho sieben Totenschädel, die von den Körpern der Verstorbenen abgetrennt und verziert worden waren. Sie waren mit Nasen aus Gips versehen, und in die Augehöhlen hatte man ihnen Muschelschalen gelegt.
    Es waren eindeutig Objekte zur Totenverehrung. Viele antike Kulturen haben Bilder vom Tod angefertigt. Es war keine Kunst, die den Toten mit ins Grab gegeben wurde, es war Kunst für die Lebenden. Doch wozu diente sie? Psychologen sagen, dass diese Bilder Trost spenden. Im Gegensatz zu den Tieren wissen wir Menschen, dass wir eines Tages sterben werden und nichts daran ändern können. Bilder befriedigen unser Bedürfnis, über unseren Tod hinaus zu existieren. Aber viele präkolumbianische Hochkulturen – die Inka, die Azteken, die Maya – umgaben sich mit grausamen Darstellungen des Todes.
    Reliefs, Schnitzereien und Skulpturen zeigen Tötungen, Verstümmelungen, Folter und Menschenopfer. Ausgrabungen haben Hunderte von Mumien zutage gefördert, die grausame Verletzungen aufwiesen. Die Bilder, die diese Kulturen schufen, spendeten keinen Trost, es waren Dokumentationen dessen, was wirklich geschah. Ihre Kunst diente auch dazu, das Volk zu ängstigen und in der Unterwerfung zu halten. Diese Macht der Bilder wird auch heute noch von politischen Führern ausgenutzt. Darstellungen vom Tod können also zweierlei Wirkung haben – sie können trösten und einschüchtern.
    Es gibt sogar Bilder, die beide Elemente vereinbaren. Jesus am Kreuz ist ein Bild, das den Gläubigen Trost und Hoffnung spendet, weil sich Gottes Sohn für sie geopfert hat. Aber es erschreckt auch durch die Grausamkeit, die der Tod am Kreuz, die Dornenkrone und die Wunden ausdrücken. Es ist das einzige Bild, das auf unser Gehirn auf zwei gegensätzliche Arten einwirkt. Diese Kombination hat es zu einem der mächtigsten Symbole aller Zeiten gemacht. Seine Beliebtheit erklärt sich daraus, dass es Bedeutung schafft, angesichts des unverständlichen Verlusts des Lebens. (Text: XXP)
    Deutsche TV-PremiereSa 31.12.2005VOXOriginal-TV-PremierePBS

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