Leben ohne Erinnerung

Der damals 31-jährige Daniel aus Bremen wird bei einem Autounfall schwer verletzt. Die Diagnose: schweres Schädel-Hirn-Trauma. Sein Hippocampus – die Gehirnregion, die wesentlichen Anteil am Lang- und Kurzzeitgedächtnis hat – wurde nachhaltig geschädigt. Sein Gehirn kann keine neuen Informationen abspeichern. Daniel wird sich von nun an in einem Leben ohne Erinnerungen zurechtfinden müssen. Für den Film haben die Autorinnen Nadine Niemann und Mechtild Lehning Daniel zwei Jahre lang in seinem Alltag beobachtet, ihn zu Therapien, Vorträgen und ehrenamtlicher Tätigkeit begleitet.

Entstanden ist das Porträt eines Mannes, der trotz Tiefpunkten den Lebensmut und seinen Humor nicht verliert. Redegewandt und klug reflektiert er seine Situation und kommt zu überraschenden Ergebnissen. Eine Massenkarambolage auf der Autobahn an einem Februartag im Jahr 2015 ging für die meisten Beteiligten glimpflich aus – nicht so für Daniel. Er erleidet ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Als er aus dem künstlichen Koma erwacht, erkennt er seine Familie nicht, ist orientierungslos und motorisch eingeschränkt.

Nach Behandlungen in verschiedenen Reha-Zentren kann er wieder gehen und sprechen, er erkennt seine Familie und Freunde und beginnt zu verstehen, was ihm passiert ist und stückweise kehren die Erinnerungen an sein altes Leben zurück. Doch er kann sich nicht an gestern erinnern. Seit dem Unfall kann sein Gehirn neue Informationen selten länger als 24 Stunden abspeichern – „Anterograde Amnesie“ nennt man das. Daniel nimmt die Aufgabe an, ein Leben ohne Erinnerung an ein Gestern zu führen.

Sie verlangt ihm aber auch alles ab. Eine neue Herausforderung stellt sich, als er eine Beziehung eingeht und eine Familie gründet. Sein Schicksal weist über die Person hinaus. Unwillkürlich drängen sich Fragen zum Stellenwert von Erinnerungsfähigkeit für Gefühle, Liebe und Freundschaft auf. Dieser Dokumentarfilm zeigt, wie ein Leben ohne Erinnerung möglich ist, wie Daniel sich mit Hilfsmitteln und Strategien in seinem neuen Leben zurechtfindet und trotzdem versucht, das Leben im Moment zu genießen. (Text: hr-fernsehen)