2010, Folge 1–2

  • Folge 1 (45 Min.)
    Eine Kindheit an der See riecht nach Schlick, Schiffsdiesel und Fisch. Ob in Rostock, Cuxhaven, am Greifswalder Bodden oder auf der Hallig – Seekinder wachsen mit einem Gefühl von Freiheit auf.
    „Wir waren den ganzen Tag draußen“, erzählt Johann Petersen, der auf der Hallig Langeneß aufgewachsen ist. Aus Seegras und Holz haben er und seine Freunde Hütten am Strand gebaut. „Einmal haben wir da drin Feuer gemacht und aus Versehen die ganze Hütte abgefackelt.“
    Boy Andresen hat das Leben auf den Halligen noch ohne Strom und fließendes Wasser erlebt. Wenn bei Hochwasser Land unter war, hat er sich gefreut, weil es schulfrei gab und er endlich Zeit hatte, Bücher von Karl May zu lesen. In den Prielen ist Boy mit selbst gebauten Booten rumgeschippert – nur schwimmen hat er nie gelernt. „Hühner und Hallig-Lüt“, sagt er in seinem charmanten nordfriesischen Platt, „können nicht schwimmen. Das war schon immer so, Hochwasser hin oder her.“
    Der Wechsel von Meeresrauschen und den Metallschlägen der Rostocker Werften – das war die Geräuschkulisse in der Kindheit von Saskia Valencia. Die Schauspielerin nutzte schon als Schülerin ihr dramatisches Talent: Um den Schultag abzukürzen, täuschte sie Ohnmachtsanfälle vor – und machte sich dann mit ihrer Freundin heimlich zum Baden auf. FKK selbstverständlich, wie in der DDR üblich. Die ersehnte Flaschenpost aus dem Westen allerdings – die hat Saskia nie gefunden.
    Helmut Brüning war zwölf, als er im kriegszerstörten Cuxhaven Kohlen und Essen für seine Mutter und die sieben Geschwister organisiert hat. Kein Schultag ohne Bombenalarm und Angst. Und nach dem Krieg Armut. Nur die Fischer und Seeleute haben schon gut verdient. Da stand Helmuts Berufswunsch fest. Als Azubi in der Hochseefischerei musste er durch eine harte Schule: Bis zum Bauch standen die Jungs im Fisch, wenn die Netze eingeholt wurden. Heimweh und Seekrankheit inklusive. Brünings Tochter Sandra hat ihren „Hochsee-Papa“ oft vermisst, vor allem an Weihnachten. Ihre Kindheit hat sie am Hafen verbracht und dabei oft gehofft, dass Papas Schiff endlich nach Hause kommt.
    Der Schauspieler Helmut Zierl fand die Deichlandschaft um Meldorf in Schleswig-Holstein als Kind eher langweilig und einsam – vor allem im Winter. Die Sommer an der See waren besser. Da gab es Schlammschlachten im Watt und auf den Deichen hatten die Schafe süße Lämmer. Dumm nur, dass diese sich nicht streicheln lassen wollten. Später dann verdiente Zierl sein erstes Geld beim Rüben verziehen. Dabei aber war er mehr interessiert an blonden Landmädchen als an Landwirtschaft.
    Comiczeichner Rötger Feldmann alias Brösel schwärmt noch heute von den Dampfern und Werften in seinem Heimatort Travemünde. Sein Opa hatte ein Hotel an der Promenade, dort spielte der kleine Rötger Verstecken im Hinterhof oder hörte den Kap-Hoorn-Fahrern zu, die am Stammtisch ihr Seemansgarn sponnen. Er fuhr gerne mit Opa zum Fischereihafen und zeichnete auf Kneipenblöcken Schiffe und Straßenkreuzer, die am Hotel vorbeifuhren.
    Eine Kindheit an der See ist zwar abenteuerlich, aber manchmal auch einsam und mitunter bedrohlich. Eines aber wissen alle zu berichten, die hier groß wurden: Mit dem Meer schließt man eine Liebe fürs Leben. Deshalb sind sie fast alle dort geblieben. Und die wenigen, die fortgingen, sind als Erwachsene zurückgekehrt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 26.08.2010NDR
  • Folge 2 (45 Min.)
    WDR Fernsehen MEINE KINDHEIT IN DER WEIHNACHTSZEIT, am Freitag (16.12.11) um 20:15 Uhr. Sven-Georg Adenauer, Enkel von Konrad Adenauer, feiert bis heute jedes Jahr den 2. Weihnachtstag mit der Großfamilie in Röndorf. – Sven-Georg Adenauer (l) mit seinem kleinen Bruder an Weihnachten (Foto aus den 60er Jahren)
    Die Weihnachtszeit ist voller Hoffnung und Vorfreude – so war es schon immer und so soll es möglichst für immer bleiben. Doch die norddeutsche Nachkriegsgeneration hat ein ganz anders Weihnachten erlebt als die Generation ihrer Enkel. Der Film „Meine Kindheit in der Weihnachtszeit“ von Claudia Wallbrecht und Anika Giese geht auf eine nostalgische Zeitreise in die 50er-, 60er- und 70er-Jahre. Prominente und „ganz normale“ Norddeutsche erinnern sich an die Weihnachtszeit ihrer Kindheit. „Die schönste Zeit des Jahres“? Nicht für alle.
    Anne-Liese Peters aus Tostedt in Niedersachsen hat keine Ahnung, was Krieg ist und traut sich nicht zu fragen, warum sie und ihre Schwester Weihnachten 1944 nur eine nackte Puppe unter dem Weihnachtsbaum finden. Komisch, so ohne Kleider. Kurz darauf gerät der Vater in britische Gefangenschaft. Anne-Liese und ihre Mutter schreiben ihm regelmäßig. Drei Jahre lang. Genau 25 Wörter sind erlaubt. Auch zu Weihnachten. 1947, kurz vor Weihnachten, kommt der Vater endlich zurück. „Ich hörte Männerschritte auf dem Hof und wusste: Das ist er.“ Er hat sogar selbst gebaute Geschenke dabei: einen Puppenwagen für die Mädchen und ein Holzauto für die Jungs, mit Schuhcreme gefärbt. „Das war eine Freude – allerdings hatte ich meinen Vater irgendwie größer in Erinnerung.“
    Für Michael-Peter Schiltsky aus Niedersachsen ist in den 50er-Jahren die Weihnachtszeit „die einzig heile Zeit“ im Jahr. Da holen die kanadischen Soldaten ihn und die anderen Heimkinder zum Truthahnessen in die Kaserne. Es gibt Geschenke, Kerzenlicht und Lieder. Und für einen kurzen Moment vergisst der 10-Jährige die Schikanen, die Prügel und die Einsamkeit des Waisenhaus-Alltags.
    Maria Jepsen, ehemalige Bischöfin des Sprengels Hamburg-Lübeck, erinnert sich mit gemischten Gefühlen an die Krippenspiele ihrer Kindheit in Bad Segeberg. „Ich wollte immer mal die Maria spielen – schließlich heiße ich ja so -, aber das hat nie geklappt. Immerhin habe ich es aber zum Hirten und zum Engel gebracht.“ Ihre Begeisterung während der Aufführung war dann so groß, dass sie gar nicht merkte, dass eine der vielen Kerzen ihre Haare ankokelte.
    Stille Nacht, heilige Nacht? Von wegen, „Weihnachten war bei uns die stressigste Zeit des Jahres“, sagt Peter Belli. Als Schaustellerkind muss er schon früh mit anpacken: Karten abreißen am Kinderkarussell und die Puppen aus dem Märchenwald reparieren. Die sind seit 50 Jahren der Renner auf dem Lübecker Weihnachtsmarkt. Seine Schulaufgaben macht Peter auf dem Karussell, im hinteren Wagen der Kinder-Eisenbahn. Schönschrift ist da natürlich nicht drin. Die Musikstunden schwänzt er oft. Weil er beim Weihnachtssingen immer die Triangel spielen soll – und die ist einfach nicht sein Ding.
    Auch Lilo Wanders erlebt Weihnachten eher hektisch als idyllisch. Ihre Eltern haben einen Kaufmannsladen in der Lüneburger Heide. Und da herrscht Hochbetrieb bis kurz vor der Bescherung.
    Carsten Breß aus Ückermünde in Mecklenburg-Vorpommern erinnert sich an Hausmusik und Westpakete. Neben Jacobskaffee für die Mutter gehört in den 70ern unbedingt Hanuta dazu, wegen der Klebebildchen. Und Orangen: „Wir hatten in der DDR ja nur die ollen Kuba-Apfelsinen, die konnte man überhaupt nicht pellen“, sagt Carsten Breß. In die Kirche geht seine Familie nicht, auch sonst keiner von seinen Freunden. Christliche Weihnachten, das ist eher die Ausnahme im Osten. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereDi 21.12.2010NDR

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