Channel 4 sucht „Big Brother“-Kandidaten unter Kriegsversehrten

Endemol-Format in der Kritik

Jutta Zniva – 27.12.2009

Channel 4 sucht "Big Brother"-Kandidaten unter Kriegsversehrten – Endemol-Format in der Kritik – Bild: Channel 4

„Zusätzlich zu unseren öffentlichen Castings sehen wir uns immer auch im Internet nach Kandidaten um. Ich möchte mich höflich erkundigen, ob eines ihrer Mitglieder Interesse an BB11 hätte.“

Mit diesem, von der „Daily Mail“ veröffentlichten Schreiben wandten sich die Produzenten der Channel-4-Sendung „Big Brother“ in Großbritannien per E-Mail an Hilfsorganisationen für Soldaten, die bei ihrem Einsatz im Irak oder Afghanistan verletzt wurden. Sichtlich verletzt. Die Kandidatensuche sorgt unter den Organisationen für Entsetzen.

Dem Bericht der „Daily Mail“ zufolge habe die Suche nach Teilnehmern an der elften und letzten Staffel der britischen „Big Brother“-Variante (fernsehserien.de berichtete) im Sommer 2010 vorzugsweise Männer und Frauen im Auge gehabt, die im Zuge ihrer Einsätze einen Arm oder ein Bein verloren haben. Ein „BB“-Castingredakteur habe zudem über Facebook ehemalige Soldaten kontaktiert, denen Gliedmaßen amputiert worden waren.

Die sozialen Einrichtungen kritisierten die Vorgehensweisen von Endemol und Channel 4 als inakzeptabel und unethisch. Man sei eine Hilfsorganisation und kein Kandidatenpool für schlechte TV-Sendungen, erklärte Annabelle Fuller, eine Sprecherin des „Army Benevolent Fund“. Hugh Milroy, Vorsitzender des „Veterans Aid“, bezeichnete das Vorhaben als neuen Tiefpunkt des Reality-TV.

Endemol and Channel 4 erklärten, man wolle den „unterschiedlichsten Leuten“ die Möglichkeit geben, an der Sendung teilzunehmen und habe zu diesem Zweck „viele verschiedene Gruppen und Organisationen angeschrieben“. Ungemein beruhigend.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    endemol soll sich schämen !!!!! Da fehlen einen wirklich die Worte !!!
    • am via tvforen.de

      Bevor man auf endemol einprügelt, sollte man sich folgendes bewußt machen: Im Gegensatz zu Deutschland hat Großbritannien ein massives Problem in Afghanistan. Allein dieses Jahr mehr als 100 Tote und etliche mehr Verwundete. In GB geht man offensiv mit diesem Thema um: Alle Toten erhalten ihre Prozession zur Leichenhalle nach Oxford von RAF Lyneham über Wootton Bassett. Die Prozessionen werden immer im Fernsehen übertragen (BBC News & Sky News). Kurz vor Weihnachten wurden die Kriegsversehrten in Downing Street 10 geehrt (Essen mit Gordon Brown); die lange Schlange der geladenen Opfer live im Fernsehen hat auch niemanden gestört.

      Die Wiedereingliederung der Soldaten (ob jetzt versehrt oder nicht) macht Probleme: ca. 10% aller Afghanistan Veteranen werden straffällig. Hier besteht Nachholbedarf.

      Ein versehrter Veteran, ausgestattet mit BB-Präsenz, könnte ein Botschafter sein, der Menschen erreicht, die sich mit dieser Problematik normalerweise nicht auseinandersetzen. Die Hilfsorganisationen sollten ihren Standpunkt überdenken.

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