Unforgettable – Review

Poppy Montgomery ermittelt mit fotografischem Gedächtnis – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 05.11.2011, 08:30 Uhr

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Al und seine Kollegen untersuchen einen Mordfall
Man möge mir den offensichtlichen und oberflächlichen Witz verzeihen. Aber wenn die Macher eine Show „Unforgettable“ nennen und man sich als Zuschauer schon zehn Minuten danach kaum an die Details des aufgeklärten Mordfalls erinnern kann, dann muss irgendwas schief gelaufen sein. Zum Verhängnis wird dem neuen CBS-Procedural nicht die Vorhersehbarkeit der eigenen Konstruktion. Wären Hauptfiguren, Handlung und Darsteller innerhalb der Experten-Schablone aufregend und liebenswert, könnte man durchaus darüber hinwegsehen. Was den Piloten von „Unforgettable“ aber tatsächlich zum Scheitern verurteilt, ist die unglaubliche Lethargie, mit der die Handlung in Schildkrötentempo voranschreitet. Dagegen wirkt jede „Derrick“-Episode wie „Last Action Hero“.

Langsam und intensiv erzählte Dramen können wunderbar sein, doch „Unforgettable“ füllt diese Langsamkeit nicht mit moralischen Fragen, gelungenen Dialogen oder schön gemachten Eindrücken von New York City. Stattdessen handelt es sich meistens um eine einfache Malen-nach-Zahlen-Mördersuche, die lediglich sehr viel langsamer abläuft als bei den anderen CBS-Kollegen.

Carrie bringt die Ermittler auf eine neue Spur
Richtung Besetzung sollte man für einen Ankerpunkt in diesem trüben See an Ermittlungsarbeit auch nicht blicken. Poppy Montgomery ist erschreckend farblos als Carrie, was sie allerdings nicht sein müsste. Carries Frustration über das Wiedersehen mit Al und die Schmerzen der eigenen Vergangenheit, an die sie sich ja angeblich haargenau erinnern kann, machen die Teilnahmslosigkeit, mit der die Schauspielerin durch ihre Szenen wandelt, kaum nachvollziehbar. Selbst ein kleiner, unfreiwillig komisch geratener Wutausbruch (inklusive „Go to Hell!“) und ach so zaghaftem Klopfen auf die Spüle macht die Lächerlichkeit dieses Missverhältnisses überdeutlich. So scheint Carrie nur unglaublich traurig zu sein.

Einst sollen in Syracuse zwischen ihr und der alten Flamme Al die Funken geradezu gesprüht haben. Man versichert uns dies mit zahlreichen Dialogen, was auch dringend notwendig ist. Durch das Zusammenspiel der beiden, das sich vor allem durch den Mangel an gemeinsamer Chemie auszeichnet, wäre man nämlich nie darauf gekommen. Dass Dylan Walsh ohne einen schlagkräftigen Partner an seiner Seite nicht unbedingt in der Lage ist, ein Drama als Hauptdarsteller zu tragen, dürfte für die kritischeren „Nip/​Tuck“-Zuschauer unter uns ebenfalls keine besonders neue Erkenntnis sein. Dort konnte er auf Julian McMahon bauen, auf Montgomery kann er das bislang nicht.

„Das Team von „Unforgettable“
Schließlich bleiben auch Als Ermittler-Kollegen Mike Costello (Michael Gaston) und Nina Inara (Daya Vaidya) vollkommen farblos und es bleibt zu hoffen, dass sie in weiteren Folgen mehr tun können, als der neuen Beraterin den Regenschirm hinterher zu tragen. Einziger Hoffnungsschimmer in diesem Zusammenhang ist Kevin Rankin („Friday Night Lights“) als Roe Sanders, der zwar auch keine weltbewegende Rolle auszufüllen hat, schauspielerisch seine Kollegen allerdings bei Weitem überflügelt. Warum er hier nicht die Hauptrolle, oder noch besser, die Hauptrolle in einem Drama, das tatsächlich etwas taugt, erhalten hat, bleibt eine der zermürbenden Fragen des Fernsehherbstes.

„Unforgettable“ hat trotzdem ein paar interessante Momente. Dass Carrie ihre an Alzheimer erkrankte Mutter persönlich im Pflegeheim betreut und sich sogar damit abgefunden hat, dass die sich wohl nie wieder an ihre ältere Tochter erinnern wird, gibt der Figur eine bemerkenswerte Facette. Auch aus der Suche nach dem Mörder von Carries Schwester kann man etwas machen. Die Szenen, in denen sich Carrie an die Auffindsituation im Wald erinnert, sind bei weitem die beeindruckendsten des Piloten. Hierbei ist wiederum nicht ganz klar ist, warum Carrie die Arbeit an neuen Mordfällen braucht, um ihre Erinnerungen noch einmal neu zu wecken – erinnert sie sich nicht ohnehin jederzeit an alle Details jedes Tages in ihrem Leben? Oder variiert die Klarheit der Erinnerung je nach Situation? Die Macher müssen schleunigst an Genauigkeit zulegen, schließlich haben sie ihre Serie um Carries Kopf herum aufgebaut. Man sollte als Zuschauer verstehen, wie er eigentlich funktioniert. Ganz abgesehen davon, dass man Carrie und Al bislang einfach weder lieb haben, noch anfeuern kann. Ohne diese Faktoren bleibt bei „Unforgettable“ kaum etwas übrig, was uns dazu bewegen könnte, ein weiteres Procedural in unseren Serienalltag aufzunehmen.

Meine Wertung: 2/​5
© Alle Bilder: CBS

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Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

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