Upfronts 2024: Wie steht es um die Wackelkandidaten unter den Network-Serien?

Serien wie „Navy CIS: Hawaii“, „Die Conners“ oder „Law & Order: Organized Crime“ auf der Kippe

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 25.04.2024, 17:26 Uhr

Schweben noch im Ungewissen: „NCIS: Hawaii“, „Die Conners“ und „Law & Order: Organized Crime“ – Bild: CBS/ABC/NBC
Schweben noch im Ungewissen: „NCIS: Hawaii“, „Die Conners“ und „Law & Order: Organized Crime“

In etwas mehr als zwei Wochen gehen in den USA die New York Upfonts 2024 über die Bühne (13. bis 16. Mai). In dem Umfeld verkünden die großen, linearen Broadcastnetworks die Ecksteine ihres neuen Programms, mit dem sie einerseits zwischen September 2024 und Mai 2025 die Zuschauer zum Einschalten bringen und andererseits Geld verdienen wollen.

Während die Sender ABC, CBS, NBC, FOX und The CW schon zahlreiche Verlängerungs- und auch einige Absetzungsentscheidungen getroffen haben (Unsere Übersicht), warten andere Produktionen noch gespannt, ob sie den Cut schaffen und im Spätsommer mit der Produktion weiterer Folgen beginnen werden. Oder eben nicht.

Wir fassen an dieser Stelle eine Artikelreihe von Deadline Hollywood zusammen.

ABC

Bei ABC stehen aktuell nur noch die Entscheidungen über die beiden Comedyserien „Not Dead Yet“ (hierzulande als „Noch nicht ganz tot“ bei Disney+) und „The Conners“ (aka „Die Conners“) aus.

Aufgrund seiner ungewöhnlichen Anfangsgeschichte als „Roseanne“-Revival und dann Nachfolger haben die Hauptdarsteller keine längerfristigen Verträge abgeschlossen, wie sonst im US-Fernsehen üblich, sondern verlängern ihre Verträge jedes Jahr neu. Das sorgt für etwas unsichere Verhältnisse, insbesondere bei den Kosten einer neuen Staffel. Grundsätzlich sollte „The Conners“ eigentlich von ABC „frühzeitig“ Bescheid bekommen, wenn die Serie enden würde – um dem Format (auch eingedenk des „Roseanne“-Erbes) um die Conner-Familie ein angemessenes, rundes Ende geben zu können. Laut Deadline existiert nun zunächst „nur“ eine alternative Finalszene für die aktuelle, sechste Staffel, die gezeigt wird, sollte das Serienende nun kurzfristig kommen (die Dreharbeiten für die sechste Staffel sind bereits abgeschlossen). Auch in Fall einer weiteren Verlängerung stehen die Zeichen aber wohl auf Abschied und eine siebte Staffel würde dann als Serienfinale gestaltet.

„Not Dead Yet“ hingegen wird – ganz normal – in den Wettstreit mit den neuen Serienpiloten gehen müssen. ABC hat ein neues Projekt mit Tim Allen (fernsehserien.de berichtete) sowie einen neuen Serienpiloten mit Ty Burrell aus „Modern Family“ (fernsehserien.de berichtete). Beide Serien sind „klassische Sitcoms“ (aka Multi-Camera-Comedys) und haben damit theoretisch den Vorteil, in der Produktion günstiger zu sein.

Bei ABC wird man sehen müssen, wie man aus den Comedy-Formaten ein zueinander passendes Programm (mit gutem Zuschauer-Fluss) baut: „The Connors“ und die beiden Serienpiloten sind Multi-Camera-Comedys, „Not Dead Yet“ und das zuvor verlängerte „Abbott Elementary“ jeweils Single-Camera-Comedys.

CBS

Der US-Sender CBS hat das Luxus-Problem, dass man dort eigentlich zu viele Serien hat, die „erfolgreich“ laufen. Offen ist dort noch das Schicksal von „The Equalizer“ (zuletzt gab es dort eine Verlängerung um zwei Staffeln) und „NCIS: Hawai’i“ (aka „Navy CIS: Hawaii“). Beide würden sich von den Einschaltquoten her für eine Verlängerung empfehlen. Laut Deadline hängt die Zukunft von „The Equalizer“ aktuell vor allem von einer Vertragsverlängerung mit Hauptdarstellerin Queen Latifah ab (UPDATE: Inzwischen hat CBS offiziell die Verlängerung von „The Equalizer“ bestätigt.).

„NCIS: Hawai’i“ könnten andere, äußere Umstände zum Verhängnis werden. Denn CBS hatte wegen des letztjährigen Streiks das Spin-Off „NCIS: Sydney“ ins Programm genommen (anstatt dass man die Serie lediglich bei Paramount+ verwertet hätte) und will auch die zweite Staffel zeigen. Dann kam auch noch der Sohn von Mark Harmon mit der Idee zu „NCIS: Origins“ daher (fernsehserien.de berichtete) – was sich CBS nicht entgehen lassen wollte, da Harmon selbst zumindest Voice-Over beisteuert: es gab eine direct-to-series-Bestellung. Gleich zwei Projekte, die in der kommenden Season um einen Sendeplatz neben „Navy CIS“ buhlen.

Dazu kommt, dass die beiden neuen Serien „Tracker“ und „Elsbeth“ aus dieser Season verlängert wurden und dann auch noch die neue Serie „Matlock“ „über“ ist, die CBS wegen Sendeplatz-Knappheit nach dem Streik in die nächste Season geschoben hat. Und CBS hat „S.W.A.T.“ überraschend nochmals verlängert – vermutlich hat das führende Produktionsstudio Sony dort ein finanzielles Angebot gemacht, das CBS nicht ausschlagen konnte. Das alles sorgt für ein „volles“ Programm bzw. dünner werdende finanzielle Mittel. Für „NCIS: Hawai’i“ könnte das auch auf eine verkürzte Staffel hinauslaufen.

NBC

Bei NBC war auffällig, dass der Sender fünf Serien aus der Schmiede von Dick Wolf auf einen Schlag verlängert hatte (fernsehserien.de berichtete), wodurch nur das Schicksal von Krimi „Law & Order: Organized Crime“ ungeklärt blieb. Laut Deadline ist man bei NBC mit den Quoten nicht zufrieden. Die wiederum werden darauf geschoben, dass die Serie von der Schablone anderer Dick-Wolf-Produktionen abweicht und mehr zusammenhängende Handlungen umfasst. Solche Formate laufen besser im Streaming (siehe „SEAL Team“, „Evil – Dem Bösen auf der Spur“, „Criminal Minds“-Revival). Entsprechend könnte ein Ausweg sein, „Organized Crime“ an den hauseigenen Streamingdienst Peacock zu geben (UPDATE: Mittlerweile hat die Serie eine Verlängerung bei Peacock erhalten.).

Daneben hat NBC noch seine Entscheidungen im Comedy-Bereich zu treffen. Dort hatte man bereits gegen Ende der letzten Season die Single-Camera-Formate aussortiert („American Auto“, „Grand Crew“) und setzt seitdem auf Multi-Camera-Formate. Bei „Night Court“ (der quotenstärksten Comedy bei NBC) macht die Herkunft der Serie von Warner (also einem „Fremdstudio“) die Verhandlungen komplizierter. „Lopez vs. Lopez“ konnte in der zweiten Staffel zunächst die Quoten vom Ende der ersten Staffel halten, so dass eine Chance auf eine Fortsetzung besteht.

Die neue Serie „Extended Family“ mit Jon Cryer, Donald Faison und Abigail Spencer war kein Quotenhit, könnte aber davon profitieren, dass es ein Hybrid-Format aus Multi-Camera und Single-Camera ist (ähnlich wie seinerzeit „How I Met Your Mother“). Denn NBC hatte als vielversprechendes neues Projekt die Serie „St. Denis Medical“ bestellt, eine Single-Camera-Workplace-Comedy vom „Superstore“-Schöpfer Justin Spitzer. Inhaltlich würde wohl „Night Court“ am besten als Programmpartner passen, optisch eher „Extended Family“.

Daneben hat NBC auch einen Serienpiloten mit Country- und Comedy-Star Reba McEntire in Arbeit (fernsehserien.de berichtete): Wenn der die Programmverantwortlichen überzeugt, könnte es für andere Formate eng werden.

FOX

Der US-Sender FOX hat noch über drei Formate Entscheidungen zu treffen. Zunächst über die animierte Serie „The Great North“ – bei der es aber laut Deadline von Ko-Schöpferin Wendy Molyneux die Aussage gibt, dass die Verlängerung für eine fünfte Staffel vorliege; es gab aber von Senderseite bisher keine offizielle Ankündigung.

Die zweite Serie ist „The Cleaning Lady“, die im vergangenen Jahr leider durch den Tod des männlichen Hauptdarstellers Adan Canto die Handlungsplanung umstellen musste. Trotz allem sollen die Verlängerungsaussichten gut stehen. Gleiches gilt für die Krimiserie „Alert: Missing Persons Unit“ mit Scott Caan und Dania Ramirez: Bei der seien in die gesunkenen linearen Quoten in der zweiten Staffel durch gestiegene Abrufzahlen bei Hulu aufgefangen worden.

Erst im Herbst wird FOX über die Zukunft von „9-1-1: Lone Star“ entscheiden (müssen), dessen fünfte Staffel streikbedingt ebenfalls erst in der kommenden Season ausgestrahlt wird.

The CW

Durch den Verkauf von The CW an neue Eigner ist beim Sender vieles anders. Einerseits hat man sich mit der Serienveröffentlichung nur bedingt an die Grenzen der Broadcast-Season gehalten. Daneben ist das Publikum des Senders so klein, dass man sich nun, ohne die bisherige Subventionierung der alten Besitzer, kaum echte Eigenproduktionen leisten kann. So versucht The CW, unbesetzte Sendeplätze mit günstigen Zukäufen aus dem Ausland, Sport oder Reality zu füllen. Anders als bei anderen Sendern geht es bei Verlängerungen also weniger um Programmplätze sondern eher um Budget, das man bereit wäre, in Aushängeschilder zu stecken.

Langfristig war klar, dass „Superman & Lois“ sich unter den neuen Bedingungen nicht weiter finanzieren ließ, die Bestellung einer vierten Staffel war im Verkauf des Senders festgeschrieben gewesen.

Aktuell stehen noch Entscheidungen über „All American“, „All American: Homecoming“ und „Walker“ aus. Es erscheint laut Deadline sehr unwahrscheinlich, dass Fortsetzungen für alle drei finanziert werden können.

„All American“ könnte mit größeren Veränderungen weitergehen. Die Serie läuft wohl darauf hinaus, dass Protagonist Spencer James (Daniel Ezra) den Sprung in die Profi-Liga schafft. Das könnte unter Umständen noch am Ende der sechsten Staffel geschehen, oder in einer siebten. Damit wären zwei Wege gangbar – entweder zu einem runden Serienfinale oder dafür, dass man danach den Cast weitestgehend austauscht/​neu aufstellt und dabei die Produktionskosten auf ein finanzierbares Maß reduziert.

„All American: Homecoming“ hatte schon vor der dritten Staffel das Budget heruntergeschraubt. Neue Folgen werden erst in den Sommermonaten 2024 laufen, was kein gutes Zeichen ist, da im Sommer die Zuschauerzahlen immer geringer sind.

„Walker“ ist die meistgesehene Serie bei The CW, hat aber das Problem, dass der Sender nur eine sehr geringe Lizenzgebühr zahlt – für das Produktionsstudio CBS Studios sei es schwierig, die Produktionskosten wieder reinzubekommen.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Ein Dankeschön an Bernd für diesen tollen Artikel. Bin nun richtig gut und schnell informiert.
    • (geb. 1967) am

      Danke wieder mal für diesen super ausführlichen Bericht!

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