unvollständige Folgenliste

  • Mann – Frau – Mensch – Mann – Frau – Mensch

    Schätzungen zufolge leben an die 40 000 Transmenschen in der Schweiz. Davon haben aber längst nicht alle eine Hormontherapie, eine Namensänderung oder eine geschlechtsangleichende Operation hinter sich. Diesen Schritt haben hierzulande nur ein paar Hunderte vollzogen.
    Transmenschen fühlen sich nicht dem Geschlecht zugehörig, in welches sie hineingeboren wurden. Sie kommen zwar mit einem eindeutig männlichen oder weiblichen Körper zur Welt, sie identifizieren sich aber entweder als das andere Geschlecht, als zwischen den Geschlechtern oder als ein bisschen von beiden. Transmenschen sind überzeugt: Was die Identität ausmacht, ist die Seele. Nicht der Körper.
    Nico Gaspari, 43, ist ein Transmann. Er wurde mit einem biologisch weiblichen Körper geboren und spritzt sich seit 16 Jahren regelmässig Testosteron. Er trägt einen dichten Bart und hat eine tiefe Stimme. Heute arbeitet er als Pflegefachmann in einem Altersheim. Von seiner Transidentität wussten seine Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen lange nichts. Denn rein äusserlich ist Nico von einem „normalen“ Mann nicht zu unterscheiden.
    Transfrauen haben es diesbezüglich oft schwerer: Caroline Schürch, 55, ist in einem biologisch männlichen Körper geboren. Sie ist gross gewachsen, mit breiten Schultern und einer tiefen Stimme. Daran ändern auch die Hormone nichts, die sie seit ein paar Jahren einnimmt. Früher hiess Caroline Ralph, war verheiratet und Vater dreier Kinder. Mit der Transition brach die Familie auseinander und Caroline verlor ihre Arbeit. Seither ist sie auf
    Stellensuche.
    Eine vom Transgender Network Switzerland durchgeführte Befragung aus dem Jahre 2012 zeigt Erschreckendes: Während der Transition, dem Übergang vom Leben als Mann zu jenem als Frau oder umgekehrt, verlieren viele ihre Arbeitsstelle. Die Suizidrate ist bei Transmenschen 40-mal höher als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung.
    Blickt man Simon und Renja Kägi, 22, in die Augen, sieht
    man einen Bruder und eine Schwester, die sich sehr ähnlich sehen. Was kaum jemand vermutet: Die beiden wurden als eineiige Zwillingsschwestern geboren! Noch heute kann sich Simon an den Ekel erinnern, den er damals als junges Mädchen vor sich selbst hatte. Navina, wie er damals hiess, ekelte sich vor ihrem Körper, ihren Brüsten, ihrer Menstruation. Heute ist er glücklich. Seine männliche Identität gibt ihm Kraft, Schutz und Selbstsicherheit. Ein letzter Schritt zur Vollkommenheit fehlt ihm noch: Simon will sich einer Penisaufbauoperation unterziehen lassen. Sein grösster Traum: Einmal im Stehen pinkeln zu können.
    Etwa jeder fünfte Transmensch identifiziert sich zudem nicht eindeutig als Frau oder als Mann. Solche Transmenschen nennen sich „nonbinär“ oder „non-binary“. Chri Hübscher, 49, fühlt sich weder als Mann noch als Frau. Chri fühlt sich als Mensch. Chri möchte sich auch kein weibliches oder männliches Pronomen geben, sich nicht festlegen oder eingrenzen. Und so ist nonbinär für Chri auch keine Identität, sondern eine Definition. Letztlich sei Identität immer einengend, meint Chri überzeugt.
    Transmenschen irritieren. Auch heute noch. Indem sie unser starres Rollenbild von Mann und Frau hinterfragen, rütteln sie auch an den Säulen unserer eigenen Identität. Sind wir wirklich der „Mann“ oder die „Frau“, für die wir uns halten? Steckt in uns allen nicht jeweils auch ein Anteil des anderen Geschlechts, den wir unterdrücken? Wie sehr sind wir Gefangene einer streng dichotomen Geschlechterrollenzuordnung, in die wir seit unserem Kindesalter hineinsozialisiert werden? Gibt es eine Identität jenseits des binären Systems?
    Beide „DOK“-Filme von Béla Batthyany vermitteln ein differenziertes Bild von Transmenschen in der Schweiz. Die Filme zeigen auf, welchen beruflichen und sozialen Hürden Transmenschen ausgesetzt sind und was sie letztlich antreibt, trotz Hürden und Gesellschaftszwängen ihren Weg zu gehen. Im Fokus der Filme steht der Transmensch als Mensch. (Text: SRF)
    Original-TV-PremiereDo 01.02.2018SRF 1
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