Staffel 1, Folge 1–4

Staffel 1 von „HERstory“ startete am 15.08.2021 in der ARD Mediathek und am 16.08.2021 in Das Erste.
  • Staffel 1, Folge 1 (40 Min.)
    Dr. Dilek Gürsoy ist Herzchirurgin und Kunstherzspezialistin. Sie testet vollständige Kunstherzen, die für Patient:innen lebensrettend sein können. – Bild: ZDF und WDR/​btf.
    Dr. Dilek Gürsoy ist Herzchirurgin und Kunstherzspezialistin. Sie testet vollständige Kunstherzen, die für Patient:innen lebensrettend sein können.
    Über Jahrhunderte erzählten und deuteten Männer Geschichte, schrieben HISTORY, waren Maß und Norm für Wissenschaft, Rechtsprechung und Ingenieurskunst. „HERstory“ findet: Es ist Zeit, endlich das ganze Bild zu malen. Nicht allein aus Prinzip, aus dem Wunsch nach Gleichbehandlung, sondern weil es im Extremfall sogar tödlich sein kann, wenn die Hälfte der Menschheit im toten Winkel bleibt. Davon erzählt Folge 1 der neuen, vierteiligen Reihe „HERstory“: Lebensgefahr. Weil Medizin und Forschung immer noch den Mann als Standard setzen – 70 bis 80 Kilogramm schwer, 1,80 Meter groß – sterben Frauen, obwohl ihr Tod vermeidbar gewesen wäre.
    Sie sterben, wie Unfallstudien belegen, in Autos, die ausschließlich an männlichen Dummys getestet wurden. Sie sterben, weil Angehörige und Ärzte glauben, dass ein Herzinfarkt so aussieht, wie das Hollywood gelehrt hat: Einem Mann fällt das Atmen schwer, sein Blick wird starr, er bricht zusammen, vielleicht fasst er sich noch an die Brust.
    So war es im „Paten“, als Vito Corleone beim Spielen mit seinem Enkel im Garten starb, so erging es Mickey in „Rocky III“ und Gareth in „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“. Diese Bilder prägen uns. Wir wissen: Wenn ein Mann nach Luft ringt und sich die Brust hält, ist Eile geboten, ist 112 zu wählen, ist Ausschau nach einem Defibrillator zu halten. Eine von Männern erzählte Geschichte, History, mit Männern in den Hauptrollen – und mit fatalen Folgen für die Hälfte der Menschheit, die Frauen, für die diese Version der Geschichte die falsche ist.
    Denn wie man heute weiß, ist der Herzinfarkt keine Männerkrankheit. Frauen haben häufig nur andere Symptome. Selbst Mediziner:innen wissen das oft nicht, weil es nicht in ihren Lehrbüchern stand. Und so ist das Risiko für Frauen, an einem Herzinfarkt zu sterben, bis heute größer als das der Männer. Sie rufen bei einem Infarkt im Schnitt später die Rettung, müssen in den Kliniken, wie weltweite Studien belegen, länger warten, bekommen seltener die passenden Medikamente.
    „HERstory“ trifft die Kardiologin Vera Regitz-Zagrosek, die als eine der Ersten in Deutschland bewiesen hat, wie groß die Gefahr für Frauen ist, weil man ihren Infarkt nicht erkennt und behandelt. „HERstory“ begleitet die schwedische Verkehrssicherheitsforscherin Astrid Linder ins Crash-Test-Labor. Dort führt sie „Eva“, einen Dummy, vor, den sie vor zehn Jahren entwickelt hat. Die einzige Figur, die tatsächlich dem Körper einer Frau nachempfunden, bis heute aber nicht in Testreihen vorgeschrieben ist.
    Die beiden berichten, wie mühsam es ist, alte Denkstrukturen aufzubrechen. Das spürt auch Dilek Gürsoy, eine der führenden Kunstherzexpertinnen der Welt. Auch sie arbeitet mit einer Kunstherz-Technologie, die für Männerkörper entwickelt wurde, im Männermaßstab. Mit fatalen Folgen, auch hier: Im Zweifel, sagt Gürsoy, ließe sich der schmalere Torso einer Frau der großen Geräte wegen nicht direkt nach der Operation wieder schließen. Das Erste zeigt „HERstory“ voraussichtlich einmal pro Monat. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 16.08.2021Das ErsteDeutsche Online-PremiereSo 15.08.2021ARD Mediathek
  • Staffel 1, Folge 2 (45 Min.)
    Navanethem Pillay, ehemalige Richterin am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag sowie ehemalige Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, hat das erste Mal in der Geschichte Vergewaltigung als Kriegsverbrechen verurteilt.
    Über Jahrhunderte erzählten und deuteten Männer Geschichte, schrieben HISTORY, waren Maß und Norm für Wissenschaft, Rechtsprechung und Ingenieurskunst. Es ist Zeit, endlich das ganze Bild zu malen. Nicht allein aus Prinzip, aus dem Wunsch nach Gleichbehandlung, sondern weil es im Extremfall sogar tödlich sein kann, wenn die Hälfte der Menschheit im toten Winkel bleibt. Davon erzählt Folge 2 der neuen vierteiligen Reihe „HERstory“: Angriffslust. Woran denken wir, wenn wir an Krieg denken? An marschierende Soldatenheere, an hochgereckte Waffen, an Männer in Schützengräben? In den Städten erinnern wir an die Kriege mit pompösen Denkmälern von triumphierenden Männern auf Pferden.
    Wir blicken auf zu unzähligen Bismarcks, Wilhelms und Friedrichs. Und die Frauen? Sie tauchen nur am Rande auf. Sie sind die Opfer des Krieges, bestenfalls Beleg für die Grausamkeit des Feindes oder die sind die Trümmerfrauen, die die Innenstädte nach der Kapitulation wieder aufbauen. Was wäre, wenn nicht HIStory, sondern „HERstory“ in den Geschichtsbüchern erzählt werden würde? Erzählen Frauen anderes über den Krieg? Ja, meint die ehemalige Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navanethem Pillay.
    Über Jahrtausende waren Frauen nur die Beute, eine Trophäe des Krieges. Bis sie kam. Als einzige Frau auf der Richterbank am Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda hörte Pillay den Frauen zu, die vom Krieg erzählten. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde daraufhin Vergewaltigung als Kriegsverbrechen verurteilt. In den 1990er Jahren. Den Frauen zuhören – revolutionär. Hätte die Geschichte einen anderen Verlauf genommen, hätte man Frauen zugehört? Zum Beispiel den über eintausend Teilnehmerinnen des Internationalen Frauenfriedenskongress 1915 in Den Haag? Sie forderten schon vor über hundert Jahren das Ende der Krieges und setzten auf Diplomatie.
    Um die Friedensverhandlungs-Tische der Welt scharen sich auch heute noch die Männer – fatal, wie die Schweizer Politikerin Gaby Vermot findet. Denn laut Untersuchungen der Vereinten Nationen hält ein Frieden länger, wenn Frauen an den Friedens-Verhandlungen beteiligt waren. Als Gesandte des Europarates kämpfte Gaby Vermot in den Konfliktregionen der Welt dafür, den Frauen eine Stimme zu geben und sie an den Friedensprozessen zu beteiligen.
    Aber ist es so einfach? Männer sind kriegerisch. Frauen sind friedlich? Natürlich nicht. Denn was ist mit den Frauen, die selber Kriege führten – die Amazonen, Partisaninnen im spanischen Bürgerkrieg oder die fast eine Million Frauen, die in der Roten Armee an der Waffe kämpfen. Wie berichten diese Frauen über die Zeit an der Front? Sie sprechen anders über den Krieg. Nur kaum jemand wollte ihre Geschichten hören. „HERstory“ erzählt diesen ungehörten Teil der Geschichte und spricht auch mit den Frauen, die noch jetzt, im 21. Jahrhundert in den Krieg ziehen: Bundeswehrsoldatinnen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 27.09.2021Das Erste
  • Staffel 1, Folge 3 (45 Min.)
    Dörte Grimm (l.) mit ihrer Mutter Heidrun Grimm, die nach der Wiedervereinigung ihren langjährigen Arbeitsplatz als Textilingenieurin in Wittstock verliert und sich neu orientieren muss.
    Seit Jahrhunderten schreiben und deuten Männer Geschichte. Aber man kann Geschichten nicht wahrhaftig erzählen, wenn man die Hälfte der Menschheit systematisch beiseiteschiebt. Deshalb erzählt „Wendeman(n)över“ von der Wendezeit – konsequent aus weiblicher Perspektive. Wovon haben die ostdeutschen Frauen geträumt, wie haben sie die Deutsche Einheit erlebt, und was ist aus ihren Hoffnungen und Wünschen geworden? Als am 9. November 1989 die Mauer fällt, sind die Erwartungen vieler Frauen hoch: Neuanfang, Freiheit und Wohlstand. Doch die Euphorie des Augenblicks hält nicht lange an.
    Schnell müssen besonders die ostdeutschen Frauen feststellen, dass das wiedervereinigte Deutschland nicht nur Gutes für sie bereithält. Vor der Wende sind mehr als 90 Prozent der Frauen im Osten erwerbstätig, die DDR brauchte sie als Arbeitskräfte. Sie stehen in Berufen ihren „Mann“; Arbeiten, die ausschließlich Männern vorbehalten sind, gibt es nicht. Kindergärten sind kostenlos und selbstverständlich. Frauen sind auch finanziell unabhängig von den Männern und entscheiden seit den 1970er Jahren selbst über Schwangerschaften und Ehescheidungen.
    Nach der Wiedervereinigung ist die Lebenswirklichkeit eine andere: Viele Berufs- und Studienabschlüsse und ganze Lebensleistungen werden nicht anerkannt, besonders viele Frauen verlieren ihre Arbeit und finden keine Anstellung mehr. Viele gut ausgebildete, junge Frauen gehen deshalb in den Westen. Die Folgen dieser Abwanderung sind in manchen Regionen Ostdeutschlands bis heute spürbar. „Ich kann mich sehr gut an den Satz erinnern: Die Erwerbsneigung der ostdeutschen Frauen ist doch sehr übertrieben und die muss auf ein Normalmaß herunter geschrumpft werden.
    Dann haben wir auch wieder anständige Arbeitslosenzahlen. Das sind so Sätze, die vergisst du nicht als Frau“, erinnert sich die Feministin und Referentin der ersten und letzten Gleichstellungsbeauftragten der DDR, Katrin Wolf, an die Zeit des Einigungsvertrages zwischen DDR und BRD im August 1990. 1990 arbeiten nur noch halb so viele Frauen wie vor der Wende. Sie müssen sich neu orientieren, ihr Leben oft fundamental verändern. Mit ihren Erwartungen an eine gleichberechtigte Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben die ostdeutschen Frauen aber auch die Bundesrepublik nachhaltig verändert.
    In ihrer spannenden Dokumentation erzählt Regisseurin Sabine Michel mit größtenteils unbekanntem Archivmaterial von dieser ambivalenten Zeit. Auch durch ihre Gesprächspartnerinnen, die bisher wenig beleuchtete Aspekte der Wiedervereinigung in der männlich dominierten Geschichtsschreibung thematisieren, ist ein einfühlsamer, erfrischend unterhaltsamer Film entstanden, der die Auswirkungen der Zeit nach dem Mauerfall auf das Leben der Frauen bis heute zeigt. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 04.10.2021Das ErsteDeutsche Online-PremiereMo 20.09.2021ARD Mediathek
  • Staffel 1, Folge 4 (45 Min.)
    Gleiche Arbeit, gleicher Lohn? Fehlanzeige. Für Frauen gibt es tarifliche Abschläge.
    August 1955: in goldenen Lack getaucht läuft im Werk von VW in Wolfsburg der 1.000.000 Käfer vom Band. Mit rasender Geschwindigkeit scheint es in der jungen Bundesrepublik nur in eine Richtung zu gehen: aufwärts. Das Wirtschaftswunder der 50er Jahre ist eine Erfolgsgeschichte für alle, so steht es in den Geschichtsbüchern. Und laut Grundgesetz der Bundesrepublik von 1949 sind Frauen und Männer inzwischen auch gleichberechtigt. Aber wie sieht das Leben wirklich aus, das ganze Geschichtsbild?: Illustriert mit bislang unveröffentlichten, hochwertig restaurierten Farbfilmen der 50er- und frühen 60er-Jahre blickt die Dokumentation „Frauenwunder“ mit den Augen der Frauen auf das Wirtschaftswunderland.
    Welchen Anteil haben sie am neuen Wohlstand? Die Amateurfilme zeigen: Frauen steigen meist durch die Beifahrertür ins Auto, denn am Steuer sitzt – natürlich – ein Mann. Als Ehefrauen dürfen sie nur erwerbstätig sein, wenn es mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist. Und wenn sie mitarbeiten am Aufschwung, dann zumeist als Hilfskräfte an den vielen Fließbändern und Schreibmaschinen der Zeit.
    Studieren und Karriere machen? Für diesen Wunsch werden Frauen von den Männern belächelt. Möchte eine Frau teilhaben am Wirtschaftswunder, dann braucht sie einen gutverdienenden Ehemann. Satte 45 Prozent verdienen Frauen für exakt die gleiche Arbeit weniger als Männer. Und die Hausarbeit? Natürlich allein Frauensache, und ein Knochenjob. Denn anders als die Werbefilme der Zeit es vermuten lassen, sind effiziente Haushaltshelfer noch wenig verbreitet und nur für wenige erschwinglich. Eine Überreizung beklagen viele Frauen – heute würde es Burnout heißen.
    Die Dokumentation beleuchtet auf eindrückliche Weise, dass die Erfolgsgeschichte des Wirtschaftswunders und das Klischee der glücklichen Hausfrau und Mutter nur die halbe Wahrheit ist. Zum vollständigen Bild gehören die Erschöpfung, die Einsamkeit, die Abhängigkeit und die Armut vieler Frauen in den 1950er Jahren. Zeit also, dieses Kapitel der deutschen Geschichte aus der weiblichen Perspektive zu betrachten. Ist die Reise in die 50er Jahre eine Expedition in eine andere Welt? Oder steckt das damals etablierte Rollenmodell noch immer in unseren Köpfen? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 04.10.2021Das ErsteDeutsche Online-PremiereMo 27.09.2021ARD Mediathek
    ursprünglich für den 11.10.2021 angekündigt

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