Perception – Review

Eric McCormack in der Procedural-Falle – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 02.08.2012, 08:59 Uhr

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FBI-Agentin Kate Moretti (Rachael Leigh Cook) zeigt Verständis für die exzentrischen Anwandlungen ihres Mentors Daniel Pierce (Eric McCormack)

Das Ensemble

Bereits bei der Besetzung von „Perception“ zeichnet sich die Zweiteilung des Gezeigten ab – in Uni-Welt und FBI-Welt, in faszinierend und fast vollkommen uninteressant. Eric McCormack ist liebenswert, exzentrisch und in manchen Momenten gar brillant in der Hauptrolle, was aber auch kaum anderes zu erwarten war. Zwischen ihm und Kelly Rowan, die bereits als Kirsten Cohen in „O.C., California“ begeisterte, herrscht eine hervorragende Chemie, so dass man gerne mehr Unterhaltungen zwischen Pierce und Kate mitverfolgen würde.

Ebenfalls sehr gut reiht sich Arjay Smith als Helfershelfer Max in die Uni-Welt ein, wobei ihm die Sorge und der leichte Anflug von Verzweiflung anzusehen ist, wenn er mal wieder ein seltenes Klassikkonzert für seinen Boss auf Tonbandkassette auftreiben muss oder ihn per Laserschwert gegen einen Eindringling verteidigen will – der sich natürlich als Halluzination herausstellt. Potential für einen stärkeren Einsatz bietet sicher auch LeVar Burton als Unidirektor Paul Haley. Im Piloten war er lediglich in einer Szene zu sehen, doch das Verhältnis zwischen ihm und seinem exzentrischen Mitarbeiter dürfte viel Stoff für spannende Nebenhandlungen bieten.

Leider wünscht man sich als Zuschauer recht schnell, dass dies stattdessen in Zukunft die Haupthandlung wäre. Denn fast jeder Aspekt von „Perception“, der nicht direkt mit Daniel als Figur oder mit seinem Leben an der Uni zu tun hat, erzeugt gähnende Langeweile. Dies ist zu einem erheblichen Grad auch Rachael Leigh Cook („Las Vegas“) geschuldet, die selbst für Procedural-Verhältnisse viel zu jung wirkt, um als angeblich erfahrene FBI-Agentin glaubhaft zu wirken. Gleichzeitig harmoniert sie als Kate Moretti mit Daniel nicht halb so gut wie dies zwischen dem Professor und Natalie der Fall ist. Der Gedanke, dass Pierce vermutlich in zukünftigen Folgen am meisten Zeit mit Kate und nicht mit anderen Protagonisten verbringen wird, macht dies umso problematischer.

Buch und Regie

Ken Biller („Star Trek – Raumschiff Voyager“) und Mike Sussman („Star Trek – Enterprise“) hatten vielleicht keine andere Wahl, als auf eine inzwischen doch recht überstrapazierte Procedural-Formel zu setzen: der exzentrische Experte unterstützt seine jüngere Ermittler-Kollegin. Schließlich ist „Perception“ bei TNT zu Hause und trotz eines erfolgreichen Ausreißers wie „Dallas“ setzt der US-Kabelsender noch immer vorwiegend auf Krimikost. Trotzdem müssen sich Biller und Sussman, genau wie Regisseur Alan Poul vorwerfen lassen, dass der hier vorgestellte Procedural-Anteil nicht interessanter gestaltet und konzipiert ist. Vor allem Kates Kollegen auf der Polizei-Seite sind enttäuschend. Sie kommen allesamt daher, als seien sie klischeebeladenen Blaupausen entsprungen – sei es der knurrige, übergewichtige Cop oder der geschniegelt-gebügelte und dauerskeptische Agent.

Ein wichtiger Punkt hierbei ist eindeutig auch das Casting, womit diese Rollen zumindest interessanter hätten besetzt werden können. Man wünscht sich praktisch ständig, dass der bedeutendere Part der Agentin an Kelly Rowan gegangen wäre, so hätte man während der nicht gerade spannend gestalteten Ermittlungen wenigstens einen interessanten Ankerpunkt. Eric McCormack alleine kann diesen Teil der Serie nicht retten, so faszinierend seine Darstellung von Daniel Pierce auch mitunter ist. Und ihn je nach Bedarf eine weitere, exotische Erkrankung aus dem Hut zaubern zu lassen, nur um einen Fall zu klären, das kann nicht genug sein und wird dem eigentlichen Potential der Figur nicht im geringsten gerecht.

Fazit

„Perception“ ist letztendlich ein Opfer fehlenden Mutes geworden. Fehlender Mut der Verantwortlichen bei TNT zu einer Serie ohne Ermittlungsanteil, die einfach nur das Leben von Dr. Daniel Pierce in all seinen Facetten beleuchtet und sich auf die Figuren in einem persönlichen Umfeld konzentriert. Erzählstoff gäbe es hier genug: wie steht es um die Beziehungen zu seinen Kollegen, seinen Freunden, seinen Angestellten, seiner Familie und vielleicht um die Romantik in seinem Leben. Klar kann man jetzt abwertend denken: etwa „Beautiful Mind – die Serie“? Warum nicht! Schließlich hat es die noch nicht gegeben.

Doch TNT bleibt bei Altbewährtem, wobei die Betonung inzwischen leider auf „alt“ liegen muss. Zahlreiche Neustarts des Senders in den vergangenen Jahren ließen inhaltlich äußerst stark zu wünschen übrig, fast alle davon kamen aus dem Procedural-Bereich. Trotz mancher, überaus interessanter Facetten ist „Perception“ letztendlich auch nichts anderes als ein weiterer Beitrag in dieser Reihe von Enttäuschungen.


Meine Wertung: 2/​5
© Alle Bilder: TNT

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Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

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