Parallelwelten

Andreas hat eine große Leidenschaft: Cosplay, eine aus Japan stammende Fan-Praxis. Mit viel Zeitaufwand betreibt er Hobby, bereitet sich langwierig auf die Wettbewerbe vor. Sein Geld verdient er als Software-Entwickler. Er diskutiert mit seinem besten Freund Frank, der die Leidenschaft des Cosplay nicht teilt. Frank wundert sich über Andreas. Der hält sogar eine Diät ein, um seiner Figur des Bogenschützen Gorou aus dem chinesischen Game Genshin Impact möglichst nah zu kommen. Frank empfindet Andreas’ Leidenschaft fast als Besessenheit, wenn Andreas an vielen Abenden in seiner eigenen Werkstatt verschwindet, in der er an seinem Kostüm und den Accessoires arbeitet. Als Andreas auf der Convention Kassel Connichi die Cosplayerin Naraku kennen lernt, ist er begeistert. Sie lädt ihn zu sich in die Werkstatt ein. Naraku widmet fast ihr ganzes Leben dem Cosplay, schreibt Bücher darüber und hat einen Blog. Andreas arbeitet an seinem neuesten Outfit: Zur Comic Con soll alles perfekt sein. (Text: SWR)

Nach der Montage zum Date – Kevin (42) bekommt fast täglich Buchungsanfragen für Begleit-Service und Sex. Er arbeitet für eine Escort-Agentur in Stuttgart und datet Frauen. Gleichzeitig arbeitet er auch auf dem Bau. Warum entscheidet sich der Spitzenverdiener in Sachen Erotik für dieses Doppelleben? In einem Stuttgarter Nobelhotel trifft er eine Stammkundin. Sie ist verheiratet, hat Kinder, ihr Mann darf von ihren Eskapaden nichts erfahren. Sie erzählt uns, was Kevin so begehrenswert macht, dass sie für diese „sweet time“ mehrere hundert Euro bezahlt. Auf der Baustelle, auf der Kevin als Glühtechniker arbeitet, wissen alle Bescheid. Kevin macht aus seinem Nebenjob kein Geheimnis. Er kennt keine Scham, dennoch scheint es allen um ihn herum unangenehm zu sein, sich mit Callboy Kevin zu zeigen. Nur eine Freundin aus Berlin – sie ist Sexualberaterin – schätzt seine Offenheit und spricht mit Kevin über jedes Detail – die Wünsche der Frauen und seine Männlichkeit. (Text: SWR)

Erzieher Hannes (31) aus Konstanz ist begeisterter Fallschirmspringer und Wingsuit-Pilot. Als seine Freund:innen damit anfangen, direkt von den Felsen Base-Jumping zu machen, reizt ihn das auch. Er muss sich entscheiden, ob er sein Leben riskiert. Unter der Woche betreut Hannes Kinder im Hort. Die kostspielige und gefährliche Leidenschaft als Wingsuiter bringt ihn an seine finanziellen Grenzen, doch ohne den Sport würde er den Hort-Alltag kaum aushalten, auch wenn Eltern und Freund:innen sich wegen seiner Risikofreude Sorgen machen. Die Zuschauer:innen erleben, wie er in Reichenbach, Europas schönster Fallschirmbase, vor Alpenpanorama durch die Wolken fliegt, bei einem Unfall den Reserveschirm ziehen muss und schließlich nach Lauterbrunnen zum Base-Jumpen fährt. Dort wägt er ab: Lebensgefahr, Spaß, Adrenalinkick, Gruppenzwang, Leidenschaft? Soll er springen? Wingsuiten ist ein Sport, bei dem man mit einem Flügelanzug durch die Luft fliegt, bevor man mit einem Fallschirm landet. (Text: SWR)

Ulf Rabethge (50) aus Esslingen arbeitet als Notfallsanitäter beim DRK in Göppingen. Gleichzeitig zeigt er sein Können als Cutman bei Kampfsport-Events. Dort versorgt er verletze Kickboxer:innen, Thaiboxer:innen oder Mixed Martial Arts Kämpfer, deren häufig blutige Begegnungen in Käfigen ausgetragen werden. Als Notfallsanitäter würde Ulf die Wunden versorgen und den Patienten ins Krankenhaus schicken. Beim Kampf-Event jedoch ist es seine Aufgabe, den Cut mit Adrenalin und Vaseline so gut zu verschließen, dass der Kampf weiter gehen und trotz einer Verletzung noch gewonnen werden kann. Ulf Rabethge ist seit 2017 Cutman. Aus Liebe zum Kampfsport. Früher war er selbst aktiver Kickboxer. Inzwischen kämpft er nicht mehr, aber seine Begeisterung für den Sport ist geblieben. Das Cutman-Business ermöglicht es Ulf, seine Leidenschaft zu leben. Wo sonst könnte er bei den Events in der ersten Reihe sitzen und „erstklassige Duelle zwischen zwei Kämpfern“ erleben? (Text: SWR)

Tanja aus dem Hegau führt ein Doppelleben zwischen Fetisch und Fabrik. Vor drei Jahren entschloss sich die heute 26-Jährige, ihren Traum von Fetisch und BDSM zu leben und sich vorsichtig zu outen. Ein steiniger Weg: Ihren Job beim Fetisch-Magazin „Marquis“ hat sie wegen Covid verloren, ihre Probezeit bei einem Elektronik-Hersteller in Schwarzwald wurde nicht verlängert. Jetzt versucht sie den Selbstverwirklichungs-Angriff an zwei Fronten: Bei Shootings will sie sich als Fetisch-Model einen Namen machen und zugleich einen Job bei einem Singener Transport-Unternehmen an Land ziehen. Und da wäre noch die Frage nach dem richtigen Partner, die die Single-Frau mit russischen Wurzeln umtreibt. Als Empfangsdame auf dem Tortureship über den Bodensee ist da ein Glücksmoment, denn dort feiert sich nicht nur die Fetisch-Szene selbst – die „Normalos“ am Landesteg in Friedrichshafen und Konstanz sind überraschend aufgeschlossen. Doch im Alltag ist der Spagat zwischen Fetisch und Fabrik schwierig. (Text: SWR)