Dokumentation in 4 Teilen, Folge 1–4

  • Folge 1 (15 Min.)
    Kassem Taher Saleh ist Diplom-Bauingenieur. Er hat auf Baustellen Verantwortung übernommen. Nun setzt er sich als Politiker im Bundestag für eine moderne und nachhaltige Baupolitik ein. Doch seine Kompetenzen zählen für viele nicht. In seinem Wahlkreis Dresden-Süd gilt er oft nur als der Flüchtling. Seine Familie flieht aus dem Nordirak nach Deutschland, da ist Kassem 10 Jahre alt. Die Eltern und die vier Brüder kommen in einem Asylheim im sächsischen Plauen unter. Lange erhalten seine Eltern keine Arbeitserlaubnis. Das Leben in der beengten Unterkunft mit wenig Perspektiven für die Zukunft setzt allen schwer zu. Kassem hilft der Fußball, sich zu integrieren und die deutsche Sprache zu lernen.
    Schon als Jugendlicher unterstützt er nicht nur seine Familie, sondern auch viele Freunde bei Behördengängen oder Problemen mit dem deutschen Recht. Aber er will mehr, möchte sich nicht nur in seinem direkten Umfeld engagieren. Ungleichheit und die Klimakrise sind Kassems Themen, die er mit größeren politischen Hebeln bekämpfen möchte. Auf dem zweiten Bildungsweg holt er sein Abitur nach, denn eine Grundschul-Lehrerin hatte ihm ursprünglich den Schritt zum Gymnasium nicht zutraut. 2018 wird er eingebürgert. 2019 tritt er den Grünen bei. Nur zwei Jahre später zieht er mit 28 Jahren in den Deutschen Bundestag.
    Dort gehört er als Muslim zu einer kleinen Minderheit. Das Parlament habe die Aufgabe, alle Teile der Gesellschaft zu repräsentieren, sagt Kassem. Er kritisiert, dass es auf der höchsten politischen Ebene noch an Sensibilität fehle. Beispielsweise wünscht er sich, dass es möglich wird sich zu muslimischen Feiertagen, wie während des Zuckerfests bei der Bundestagsverwaltung abzumelden. Als Migrant, Muslim und Grüner ist Kassem in Sachsen permanenter Underdog. Er hetzt von Termin zu Termin, hat es in kurzer Zeit in den Bundestag geschafft. So kann er die Politik vorantreiben, an die er glaubt. (Text: MDR)
    Deutsche TV-PremiereSa 30.09.2023MDRDeutsche Online-PremiereMo 26.06.2023ARD Mediathek
  • Folge 2 (15 Min.)
    Wie viel Hass kann ein Mensch ertragen? Suleman Malik wurde angespuckt, körperlich angegriffen – regelmäßig erhält er Morddrohungen. Und dennoch macht der Muslim immer weiter. Am Stadtrand von Erfurt baut er eine Moschee: und zwar eine richtige, mit Kuppel und Minarett. Was in vielen Städten Westdeutschlands normal ist, ist in Ostdeutschland ein Politikum. Es ist die erste von außen sichtbare Moschee im Osten, außerhalb Berlins. Seit über zehn Jahren kämpft Malik für seine Moschee, fünf Jahre dauert bereits die Bauzeit. Immer wieder sind Baufirmen abgesprungen, aus Angst, selbst zur Zielscheibe zu werden, wenn sie auf dem Gelände bauen.
    Schweinekadaver wurden auf dem Areal platziert, die AfD ruft regelmäßig zu Demonstrationen gegen den Moscheebau auf. Doch im Herbst soll die Moschee nun eröffnet werden. Und Suleman Malik widmet sich schon seinem nächsten Projekt. In Erfurt-Rieth ist er aktuell stellvertretender Ortsteilbürgermeister. Bei der Wahl im nächsten Jahr will er Ortsteilbürgermeister werden. Denkt er, dass er die Wahl gewinnen kann? Er, der Muslim – der immer wieder Hass und Ablehnung erfährt? (Text: MDR)
    Deutsche TV-PremiereSa 14.10.2023MDRDeutsche Online-PremiereMo 26.06.2023ARD Mediathek
  • Folge 3 (15 Min.)
    Karoline Roscher-Lagzouli bei Dreharbeiten mit dem MDR in ihrem Leipziger Café.
    An einem Tag im Sommer 2006 konvertiert Karoline Roscher-Lagzouli in einer salafistischen Hinterhofmoschee in Köln zum Islam. Trotz anfänglicher Zweifel bleibt sie der Gruppe viele Jahre treu, findet dort Antworten auf die großen Fragen des Lebens und neue Freundinnen. Sie kapselt sich ab von der Außenwelt, versucht nach der vermeintlich reinen Lehre des Propheten zu leben. Sie beginnt lange Gewänder zu tragen, Schmuck, Schminke oder lackierte Fingernägel sind tabu. Ihren Mann Hassan, ein liberaler Muslim, versucht sie zu missionieren.
    Trotzdem bleibt er bei ihr. „Ich habe immer gewusst, dass sie irgendwann zurückkommt“, sagt Hassan. Karolines atheistische Eltern sind empört, schreiben ihr besorgte Briefe. Doch wenn sie aufeinandertreffen, herrscht großes Schweigen über die neue religiöse Heimat der Tochter. Erst als Karolines Vater stirbt, beschließt sie, dem Salafismus den Rücken zu kehren. „Ich wollte nicht mehr in dieser dunklen Welt leben, ich wollte endlich leben“, sagt sie heute. Ihre Erfahrungen hat sie in ihrem Buch „Die Frau jenseits der Schleier.
    Mein Weg in den Salafismus und wieder hinaus“ beschrieben – auch um aufzuklären und zu warnen. Heute hat sie gemeinsam mit ihrem Mann Hassan ein Café im Leipziger Studentenviertel Plagwitz. Hier fühlen sie sich wohl, anders als in vielen anderen Teilen der Stadt, wo sie immer wieder kritische Blicke und Beleidigungen ertragen müssen. Immer wieder sind die beiden rassistischen Anfeindungen ausgesetzt. Anti-muslimische Anschläge wie in Christchurch, Solingen oder Hanau besorgen sie.
    „Hanau war ein Einschnitt für mich. Ich habe Angst, als Frau eines Marokkaners, als Mutter von Kindern, die migrantisch gelesen werden, obwohl sie natürlich Deutsche sind“, sagt Karoline. Doch die beiden lassen sich nicht unterkriegen, ganz im Gegenteil. In wenigen Wochen eröffnen sie ihr zweites Restaurant in Leipzig. Damit geht für sie ein Traum in Erfüllung. Und es ist ein weiterer Schritt, der sagt: Wir sind hier, wir gehören hierher und wir gehen hier nicht weg – trotz all der Widerstände. (Text: MDR)
    Deutsche TV-PremiereSa 07.10.2023MDRDeutsche Online-PremiereMo 26.06.2023ARD Mediathek
  • Folge 4 (15 Min.)
    Ziad und Maher sind Brüder. Zwei Brüder, die in Damaskus ihre eigenen Friseursalons geführt haben – Models, Schauspieler und Musiker gaben sich die Klinke in die Hand – bis der Bürgerkrieg ausbrach. In ihrer Heimat sehen sie keine Zukunft für sich, gehen gemeinsam auf die Flucht. Auf der Durchreise werden die beiden in München festgenommen. Die erste Begegnung mit dem Land, das ihre neue Heimat werden wird: Polizeigewahrsam. Am nächsten Tag schickt man sie nach Sachsen. In Dresden auf der Straße werden sie mit dem Tod bedroht.
    Warum also in Sachsen bleiben? Erst in Leipzig fühlt sich Ziad willkommen, fängt an zu arbeiten, einen Sprachkurs zu absolvieren. Er beginnt einen Meisterlehrgang und besteht drei Jahre später die Prüfung. Der Start in die Selbstständigkeit. Er eröffnet einen eignen Salon, der ist elegant und stylisch – so, wie die beiden Brüder. Der Salon wird zu einem Ort der Begegnung und des Austauschs, der die kulturelle Vielfalt der Stadt widerspiegelt. Maher hilft seinem Bruder im Frisiersalon.
    Seine Haupttätigkeit aber: seine Kinder. Als alleinerziehender Vater zweier 15-jähriger Jungs will er ihnen ein gutes Vorbild sein, meditiert mit ihnen, macht Sport als Ausgleich und zeigt ihnen, dass auch er von seinen Söhnen lernen kann. „Zwei Brüder“ gewährt einen intimen Einblick in das Leben zweier außergewöhnlicher Männer, die sich in Leipzig eine neue Heimat aufgebaut haben. Der Film erzählt von den Herausforderungen der Integration und dem Finden von Stärke in schwierigen Situationen. (Text: MDR)
    Deutsche TV-PremiereSa 23.09.2023MDRDeutsche Online-PremiereMo 26.06.2023ARD Mediathek

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