2023, Folge 16–29

  • Folge 16
    MfS Dossier von Agent Kanter zur Flick Parteispendenaffäre. – Bild: phoenix/​WDR/​LOOK Film
    MfS Dossier von Agent Kanter zur Flick Parteispendenaffäre.
    Hinter dem in den 80ern als Flick-Affäre bekanntgewordenen Schmiergeldskandal verbirgt sich tatsächlich ein deutsch-deutscher Spionagekrimi, der den frischgewählten Kanzler Helmut Kohl die Karriere hätte kosten können. In 45 Minuten enthüllt die Dokumentation „Adolf Kanter – Der Spion, der zu viel wusste“ mithilfe von Weggefährten und Zeitzeugen des DDR-Spions und Flick-Prokuristen Adolf Kanter die Verstrickungen der DDR in den Flick-Parteispendenskandal und ihren Zugang zum Bonner Kanzleramt der 80er Jahre. Dabei wird zugleich der Blick in die Anfänge des Systems der schwarzen Kassen in den 60er Jahren frei.
    Fünf Jahre nach der Wiedervereinigung wird in Koblenz ein Mann wegen fortgesetzter, schwerer geheimdienstlicher Tätigkeit zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Die Gründe für die milde Strafe liegen im Bonner Regierungsviertel verborgen: Der DDR-Spion Adolf Kanter unterhielt seit den 50ern beste Beziehungen in die westdeutsche Wirtschafts- und Politik-Elite. Gemeinsam mit seinem Jugendfreund Eberhard von Brauchitsch erfindet er ein Zuwendungssystem für Politiker, dass sich in den 80er Jahren zum größten Korruptionsskandal der BRD ausweitet: Rund 25 Millionen DM flossen aus den schwarzen Kassen des Flick-Konzerns, dessen Bonner Stabsstelle Kanter mit leitete, an Politiker.
    So auch an Helmut Kohl. Doch niemand ahnt zu diesem Zeitpunkt, welch doppeltes Spiel Kanter betreibt: Dass der unscheinbare Lobbyist brisante Interna über die Geldempfänger an die DDR-HVA von Markus Wolf liefert. Als 1983 durch einen Zufall Kanters Agententätigkeit bekannt wird, bleibt dieses brisante Wissen jedoch geheim.
    Denn zeitgleich versucht ein Untersuchungsausschuss, das ganze Ausmaß der Flick-Parteispendenaffäre zu ergründen. Wäre da Kohls langjährige Verbindung zum DDR-Agenten Kanter herausgekommen, hätte es möglicherweise Kohls Kanzlerschaft beendet, so der damalige Vertreter der Grünen im Bundestagsuntersuchungsausschuss, Otto Schily. Grimme-Preisträger Claus Räfle enthüllt mithilfe von Zeitzeugen und Insidern nun, dass die Spionageaffäre Kanter offenbar aus Gründen des Machterhalts der Regierung Kohl vertuscht wurde. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 05.06.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereMo 29.05.2023arte.tv
  • Folge 17
    Auf dem Marktplatz in Halle, 17. Juni 1953.
    Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der DDR jährt sich 2023 zum 70. Mal. So lange gilt er auch als Aufstand der Arbeiter, der Männer. Zahlreiche Quellen beweisen jedoch, dass auch viele Frauen auf den Straßen und in den Betrieben beteiligt waren, ebenso sind sie unter den Inhaftierten und Opfern zu finden. War der 17. Juni auch ein Aufstand der Frauen? Die Dokumentation macht sich auf die Suche nach Frauenschicksalen rund um den 17. Juni 1953. Ausgehend von der ikonografischen Trümmerfrau als Vorbild der neuen „sozialistischen Frau“ legt sie die tatsächlichen sozialen Bedingungen für Frauen Anfang der 50er Jahre offen.
    Viele ihrer Männer sind noch in Kriegsgefangenschaft, die Frauen versorgen ihre Familien allein. 1949 legt die Verfassung der DDR die Gleichberechtigung der Frauen und das Recht auf Arbeit gesetzlich fest, alte Rollenbilder sollen über den Haufen geworfen werden. 1953 arbeiten in der DDR schon über 50 Prozent der Frauen. Sie betreffen die 1952 beschlossenen Maßnahmen des „verstärkten Aufbaus des Sozialismus“ in der DDR, wie Normerhöhungen, Zwangskollektivierungen oder die knappe Versorgung genauso wie die Männer.
    Am 17. Juni 1953 stellen auch Frauen ihre Forderungen, sie steigen auf Tische und halten Reden auf den Demonstrationen. Sie fordern freie Wahlen und Demokratie, bessere Arbeitsbedingungen, die Rücknahme der Normerhöhungen, bessere Versorgung und die Freilassung ihrer gefangenen Familienangehörigen – und sie beteiligen sich auch an den Ausschreitungen. Frauen haben Hoffnungen und träumen von gesellschaftlicher Veränderung.
    Aber auch auf der Gegenseite agieren Frauen als Aufseherinnen, Polizistinnen oder SED-Funktionärinnen. Nach dem 17. Juni 1953 nehmen Berufswege von Frauen ein jähes Ende, oder sie nehmen gerade mit der Niederschlagung des Aufstands an Fahrt auf. Frauen, die an den Streiks beteiligt waren, werden von der DDR-Staatsführung als asoziale Elemente und Prostituierte verunglimpft, andere instrumentalisiert man für das Narrativ des faschistischen Aufstandes.
    Die vielen schmerzlichen Erinnerungen in den Familien an für Jahre eingesperrte, als Provokateure verunglimpfte, gar getötete und heimlich verscharrte Männer müssen gerade auch Ehefrauen, Mütter und Töchter mittragen. Über die Toten darf in der Öffentlichkeit nicht gesprochen werden, die Frauen werden zum Teil jahrelang überwacht. Die Dokumentation erzählt einfühlsam exemplarische Geschichten von Frauen aus Halle an der Saale, Rathenow und Ost-Berlin. Sie haben zum Aufstand des 17. Juni 1953 beigetragen und sind durch ihn geprägt worden. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 12.06.2023Das Erste
  • Folge 18
    Köln im Herbst 1944. In der kriegszerstörten Stadt leistet eine kleine Gruppe von Jugendlichen bewaffneten Widerstand gegen das Nazi-Regime. Bartholomäus Schink, Franz Rheinberger und Fritz Theilen gehören zu den sogenannten „Edelweißpiraten“, einer ursprünglich unpolitischen Jugendbewegung, die von den Nationalsozialisten verboten und verfolgt wurde. Die Autoren Georg Wellmann und Ingolf Gritschneder haben die erhaltenen Dokumente, Fotos, Interviews und persönliche Erinnerungen zusammengetragen und schildern fast 80 Jahre nach Kriegsende ein nun vollständigeres Bild der Vorgänge. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 19.06.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereSa 17.06.2023ARD Mediathek
  • Folge 19
    Doku-Drama über die Reisen von John F. Kennedy ins Europa der Vor- und Nachkriegszeit. Was steckt hinter dem politischen Popstar und dem berühmten Satz „Ich bin ein Berliner“? Auf Grundlage von Kennedys Tagebüchern erzählt der Film die Geschichte eines abenteuerlustigen Studenten, der sich vom kulturellen Erbe begeistern lässt und beginnt, über politische Zusammenhänge nachzudenken. Bewegendes Doku-Drama über die verschiedenen Sommerreisen von John F. Kennedy nach Europa. Was steckt hinter dem politischen Popstar, der Anfang der 60er Jahre erst die USA und dann den halben Erdball begeisterte? Der Film kehrt zurück zu Kennedys Anfängen als abenteuerlustiger Student in den 30er-Jahren und erzählt sein Leben anhand seiner Reisen durch das Europa der Vor- und Nachkriegszeit.
    Er flirtet viel, lässt sich vom kulturellen Erbe begeistern und beginnt, über politische Zusammenhänge nachzudenken. Ein junger Mann, der seinen Weg im Leben sucht. Kennedys Reisetagebücher, Notizen und Briefe bilden die Grundlage für seine politischen Einsichten und Fehlurteile. Der Film zeigt den jungen Kennedy als diplomatischen Anfänger, politischen Naivling und gescheiterten Frauenhelden. Die Nationalsozialisten findet er zunächst faszinierend, dann erkennt er, welche Gefahr von ihnen ausgeht. Erst nach und nach distanziert sich Kennedy von den reaktionären politischen Vorstellungen seines Vaters.
    Im zerstörten Berlin befragt er 1945 als Reporter die vom Krieg traumatisierten Menschen und ist erschüttert über ihre Schicksale. Später reift er zum besonnenen Politiker, der gegenüber der UdSSR eine Doppelstrategie aus Machtdemonstration und Verhandlungsbereitschaft entwickelt. Der Film schaut hinter die Kulissen der legendären Rede am Berliner Rathaus 1963 und zeigt, wieviel Wahrheit in dem berühmten Satz „Ich bin ein Berliner“ steckt. John F. Kennedy hat Europa kennen und lieben gelernt. Seine Idee eines starken Europas an der Seite der USA ist auch knapp 60 Jahre später noch visionär. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 26.06.2023Das Erste
  • Folge 20 (45 Min.)
    Nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1990er wurden rund 15 Millionen Kinder in Kuren geschickt – die sogenannte „Verschickung“, eine meist sechswöchige Heimunterbringung. Der Zweck: Die Kinder sollten aufgepäppelt werden. Hochphase sind die 50er- und 60er-Jahre. Schätzungsweise jedes fünfte Kind kam damals in Kur. Dazu gehörte auch der Vater der Autorin. Die Journalistin Lena Gilhaus begann – ausgehend vom Fall ihres Vaters – zu recherchieren. Sie veröffentlichte erste Recherchen über Kinderkuren, woraufhin sich Menschen von überall melden und von ihren eigenen, zum Teil furchtbaren Erlebnissen berichten.
    Aber die Institutionen und Heimbetreiber mauern. An echter Aufklärung zeigen sie kaum Interesse. Lena Gilhaus folgt den Spuren weiter und stößt auf ein verdrängtes Kapitel der Nachkriegsgeschichte. In den Kurheimen sollten die Kinder damals zu Kräften kommen und gesund werden – doch viele erlebten diese Zeit als Grauen: Gewalt – von Zwangsernährung bis hin zu schwerem sexuellem Missbrauch.
    In Archiven findet Lena Gilhaus zahlreiche Dokumente, deren Existenz die Heimbetreiber und die Organisatoren der Kuren vorher abgestritten hatten. Die Recherche offenbart unbarmherzige Konzepte hinter dem Kinderkursystem, gravierende Missstände und auch staatliches Versagen. Obwohl viele Taten in der Vergangenheit liegen, erschweren die Verantwortlichen eine Aufarbeitung bis heute. Verjährungsfristen verhindern eine strafrechtliche Verfolgung von teilweise schwerer sexueller Gewalt an Kindern.
    Dieses Kapitel deutscher Alltagsgeschichte lag bis vor kurzem im Dunkeln. Einer der ersten, der öffentlich über das Elend in Kinderkur gesprochen hat, ist der Vater der Autorin. Die TV-Dokumentation erzählt die Geschichte einer doppelten Reise, mit dem Vater und anderen Verschickungskindern zu den Kinderkurheimen, zu den Verantwortlichen und zu den Ursprüngen der unbarmherzigen Kurkonzepte, die – anders als mancher bisher leichtfertig angenommen hatte – historisch lange vor dem Nationalsozialismus liegen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.07.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereMo 26.06.2023ARD Mediathek
  • Folge 21 (45 Min.)
    Ab 1933 entsteht in unmittelbarer Nähe des Potsdamer Platz die Zentrale des nationalsozialistischen Terrors mit dem Geheimen Staatspolizeiamt, der Reichsführung-SS und dem Reichssicherheitshauptamt. Diejenigen, die hier arbeiten, sind verantwortlich für Verhaftungen Andersdenkender, Judendeportationen und den Massenmord in ganz Europa. – Akte im Gestapogefängnis Albrechtstraße 8.
    Ab 1933 entsteht in unmittelbarer Nähe des Potsdamer Platz die Zentrale des nationalsozialistischen Terrors mit dem Geheimen Staatspolizeiamt, der Reichsführung-SS und dem Reichssicherheitshauptamt. Diejenigen, die hier arbeiten, sind verantwortlich für Verhaftungen Andersdenkender, Judendeportationen und den Massenmord in ganz Europa. Es war eine der schlimmsten Adressen Berlins: Ab 1933 entsteht in unmittelbarer Nähe des Potsdamer Platz die Zentrale des nationalsozialistischen Terrors mit dem Geheimen Staatspolizeiamt, der Reichsführung-SS und dem Reichssicherheitshauptamt. Diejenigen, die hier arbeiten, sind verantwortlich für Verhaftungen Andersdenkender, Judendeportationen und den Massenmord in ganz Europa.
    Hier residiert SS-Chef Heinrich Himmler und sein wichtigster Helfer, Reinhard Heydrich. Hier agieren keine Schreibtisch-, sondern Überzeugungstäter. Junge, akademisch gebildete Männer – der „think tank“ der Nazis. Sie bekämpfen jede Opposition gegen den Nationalsozialismus, konzipieren und praktizieren den Massenmord. An diesem Ort zeigt sich nach dem Krieg das Ausmaß der Verdrängung. Die Ruinen werden gesprengt – alle Spuren an den „Ort der Täter“ beseitigt.
    Das Areal im Schatten der Mauer wird zu innerstädtischem Brachland. Lange Jahre erinnert nichts mehr daran, dass hier die „Terror-Elite“ der Nazis agierte. Erst Ende der 1980er Jahre entsteht an diesem Ort die „Topographie des Terrors“. Über zwei Millionen Besucher jährlich informieren sich heute in dem Dokumentationszentrum über die Täter und ihre Taten, über die Opfer und ihre Schicksale. Die Doku erzählt von den Tätern und ihren Opfern, vom Terror als System. Tagebuchaufzeichnungen, Briefe und Protokolle belegen, welche Schrecken dieser Komplex in der Außenwelt und bei den direkten Opfern auslöste. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 10.07.2023Das Erste
  • Folge 22 (45 Min.)
    Ein Milliardenbetrug erschüttert die Bundesrepublik. Und der Hauptangeklagte ist urplötzlich verschwunden. Die Rede ist nicht von Wirecard, sondern von einem spektakulären Wirtschaftskrimi aus den 90er-Jahren. Ein Ermittler trotzt zahlreichen Widerständen, um die Schuldigen hinter Gitter zu bringen. Die Suche führt ihn rund um die Welt. Diese Dokumentation zeichnet eines der größten Wirtschaftsverbrechen der deutschen Geschichte nach – vom Aufstieg eines Sportbodenherstellers zum Global Player bis zu seinem tiefen Fall. Und von einer Ermittlung, die mit einer anonymen Anzeige in einem Bahnhofsschließfach beginnt und nach einer jahrelangen Jagd um die Welt auf den Philippinen endet.
    Herbst 1998: Mit einem Abschiedsbrief kündigt der Hauptangeklagte in einem der größten Wirtschaftsstrafprozesse seinen Freitod an und verschwindet. Doch ein Ermittler hat Zweifel an der Selbstmordtheorie. Der Kripobeamte Karl-Heinz Wallmeier ist überzeugt: Das ist nicht das Ende, sondern der skurrile Höhepunkt in diesem Finanzkrimi. Am Anfang steht eine Erfolgsgeschichte. Die „Balsam AG“ ist in den frühen 90er-Jahren Weltmarktführer im Bereich Sportbodenbau. Rund 1.500 Menschen arbeiten für Balsam, örtliche Handwerksbetriebe und Sportvereine profitieren von dem westfälischen Unternehmen.
    Welchen Stellenwert und welchen Einfluss die Balsam AG damals hat, davon berichten in der Doku unter anderem die Lokaljournalistin Nicole Donath und der ehemalige Steinhagener Bürgermeister Klaus Besser. Was beide damals nicht ahnen: Die Firma ist längst bankrott. Eine anonyme Anzeige bringt die Geschichte schließlich ins Rollen: Angeblich soll die Balsam AG in Milliardenhöhe betrogen haben. Doch der zuständige Staatsanwalt legt den Fall zu den Akten. Nicht nachvollziehbar für Karl-Heinz Wallmeier.
    Der ehemalige Kripobeamte erinnert sich in dieser Doku an den Fall, der zum spektakulärsten seiner Karriere werden sollte. Wallmeier geht den anonymen Hinweisen nach, legt sich mit der Staatsanwaltschaft an und ermittelt schließlich auf eigene Faust – auch in Frankreich, wo er auf entscheidende Hinweise stößt. Nach monatelanger Ermittlung steht fest: Der Finanzchef der Balsam AG hat mit einfachen Bastelmethoden 1,5 Milliarden DM ergaunert. Als die Schuldigen Jahre später vor Gericht stehen, steht ein Mammutprozess bevor, an den sich unter anderem einer der beteiligten Verteidiger und eine Prozessbeobachterin erinnern.
    Ermittler Wallmeier wähnt sich zu Prozessbeginn am Ende der Geschichte. Doch plötzlich taucht der Abschiedsbrief des Hauptangeklagten auf. Es beginnt eine Suche rund um die Erde. Für die Dokumentation „Das Milliardending“ hat das Filmteam die entscheidenden Schauplätze in Deutschland, Frankreich und Südostasien besucht. Zeitzeugeninterviews an allen Orten, hochwertige Inszenierungen, Archivmaterial und Originaldokumente zeichnen in dieser Doku das Bild eines Wirtschaftskrimis, der in der Geschichte der Bundesrepublik einmalig ist. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 21.08.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereSa 19.08.2023ARD Mediathek
  • Folge 23 (45 Min.)
    Am 11. September 1973 stürzte Armeegeneral Augusto Pinochet mit einem blutigen Militärputsch die Regierung des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende in Chile. Wie erging es Kindern, die damals mit ihren Eltern in die Bundesrepublik und die DDR geflohen sind? Ein Film über die Folgen von Gewaltherrschaft, Exil, Integration und die Suche nach Identität. – Claudia mit Bruder Rodrigo und ihrer Mutter vor dem Abflug ins Exil nach Hamburg.
    Am 11. September 1973 stürzte Armeegeneral Augusto Pinochet mit einem blutigen Militärputsch die Regierung des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende in Chile. Wie erging es den Kindern, die damals mit ihren Eltern in die Bundesrepublik und die DDR geflohen sind? Ein Film über die Folgen von Gewaltherrschaft, Exil, Integration und die Suche nach Identität. Dem Sturz der demokratisch gewählten Regierung folgt eine Welle des Terrors gegen die Mitglieder der Volksbewegung Unidad Popular, die Gewerkschaften und linke Journalisten. Die Pressefreiheit wird abgeschafft. Zehntausende Menschen werden verhaftet, brutal gefoltert und über 3.000 werden ermordet.
    Hunderttausende fliehen ins Ausland. Darunter sind viele Familien mit kleinen Kindern. Die heute erwachsenen Exilkinder berichten aus unterschiedlichen Perspektiven von ihrer Flucht und dem Leben in der Emigration. Da ist zum Beispiel Claudia, die direkt nach dem Putsch mit ihrem kleinen Bruder Rodrigo, dem heutigen Gitarristen der „Ärzte“, ein halbes Jahr im Untergrund in Valparaiso überlebt. Ihr Exil beginnt 1974 in Hamburg. Im selben Jahr findet Camilo mit seiner Familie Zuflucht in Ost-Berlin. Sein Vater gehört zu den Tausenden Menschen, die im Estadio Nacional inhaftiert und grausam gefoltert wurden.
    17 Jahre dauert die Gewaltherrschaft der Militärjunta in Chile, unterdessen wachsen die Exilkinder in der deutschen Kultur auf, die sie prägt und ein Teil von ihnen wird. Andrea studiert in Dresden und kehrt 1989 als Ingenieurin nach Chile zurück, in eine patriarchalische Gesellschaft. „Du kommst zurück aus Deutschland, wo du mit dem Bewusstsein der Selbstbestimmung der Frau aufgewachsen bist. Dieses Selbstbewusstsein aufrechtzuerhalten war vor allem am Anfang schwer. Die Männer hier verstehen einfach nicht, dass wir anders geprägt sind.“ Für die Exilkinder spielen die Frage der eigenen Identität und die Anforderungen an die zweite Generation des Exils eine bedeutende Rolle: Wer bin ich und wo gehöre ich hin? Wie sollen Erinnerungen weitergegeben werden? Welche Motive sind es, die für das Bleiben in Deutschland oder das Rückkehren nach Chile ausschlaggebend sind? Die Geschichte der „Exilchilenen“ und ihrer inzwischen erwachsenen Kinder nimmt die Schicksale der bis zum heutigen Tage von Flucht betroffenen Menschen quasi vorweg.
    Wie ergeht es der zweiten Generation von geflüchteten Menschen? In Deutschland bzw. nach Rückkehr in die (fremde) Heimat? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 11.09.2023Das Erste
  • Folge 24 (45 Min.)
    Die Meldebögen des Kinderkrankenhauses Auguste Victoria in Berlin sind ein wichtiger Beweis für die massenhaften sexuellen Gewalttaten in Berlin kurz nach Kriegsende.
    Die deutsche Wehrmacht wütet sechs Jahre lang grausam in Europa, bis im Frühjahr 1945 der Zweite Weltkrieg auf europäischem Boden vorbei und das Nazi-Regime besiegt ist. Doch ein Kapitel, das nun folgt, bleibt bis heute weitestgehend vergessen: Mindestens 860.000 Frauen und Mädchen werden in Deutschland von Soldaten der Alliierten sexuell missbraucht. Viele schweigen aus Scham und Angst vor der Schande ihr ganzes Leben lang, besonders, wenn die Täter aus den Armeen der Westalliierten kommen. (Text: tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereMo 25.09.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereSo 24.09.2023ARD Mediathek
  • Folge 25 (45 Min.)
    Vor 50 Jahren, im Oktober 1973, der Winter steht vor der Tür, schießt der Ölpreis plötzlich in die Höhe. Weil Israel während des Jom-Kippur-Krieges 1973 durch die westlichen Industriestaaten unterstützt wird, machen arabische Öl-Förderstaaten das Öl zur Waffe – und drosseln ihre Fördermengen. Der Preis für ein Fass Rohöl steigt in den kommenden Monaten um mehr als das Dreifache. Die Folge dieser Förderverknappung: Lange Schlangen an den Tankstellen, Hamsterkäufe, die Autoverkäufe brechen dramatisch ein.
    Die Illusion des ewig währenden Wirtschaftswunders verpufft. Um den Ernst der Lage zu verdeutlichen, ordnet die Bundesregierung vier autofreie Sonntage und Tempolimits an. Überall im Land kommt es daraufhin zu kuriosen Bildern, aber auch zu massiven Einschnitten im Alltag. Deutschland im Ausnahmezustand – wie reagierten die Menschen damals auf die Krise? Während Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs rotierte, um die Schäden für die deutsche Wirtschaft gering zu halten, lieferte die Schlagersängerin Cindy Berger mit „Immer wieder sonntags“ den Soundtrack zu den autofreien Sonntagen.
    In acht persönlichen Geschichten erzählt der Film, wie die Menschen in Deutschland mit der historischen Ölkrise umgingen: von der Gastarbeiterin, die damals um ihren Job bangte, über die Abiturientin, die politischen Aufbruch witterte; vom Polizisten, der die Straßen kontrollierte, bis zum Tankwart, bei dem die Autofahrer Schlange standen; vom Konditor, der fast pleiteging, bis zum Kaufmann, der gegen die Krise anfeierte. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 16.10.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereSa 14.10.2023ARD Mediathek
  • Folge 26 (60 Min.)
    Radio ist in aller Ohren – und das seit 100 Jahren: Am 29. Oktober 1923 geht dieses Massenmedium „on air“. Aber der „Rundfunk“ sorgte nicht nur für den Soundtrack der Geschichte und Unterhaltung, sondern er war immer auch ein Machtinstrument. Der Film ist ein radiophones Roadmovie durch Zeit und Raum. Er erzählt anhand bewegender Tondokumente 100 Jahre Radiogeschichte als deutsche Zeitgeschichte. „Achtung! Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin!“ – mit diesen Worten bricht in Deutschland am 29. Oktober 1923 das Zeitalter der elektronischen Massenmedien an! Das Radio geht „on air“.
    Schnell werden die Radio-Macher gute „Bekannte“, die sich im Leben einnisten, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Das Radio holt die großen Ereignisse ins Wohnzimmer, ans Ohr, in den Kopf. Doch als Massenmedium ist es auch Machtinstrument. Für die Nazis wird ist es das „allerwichtigste Massenbeeinflussungsmittel“. Josef Goebbels verkündet 1933: „Den Rundfunk werden wir in den Dienst unserer Idee stellen, und keine andere Idee soll hier zu Wort kommen“.
    Und der „Volksempfänger“ wird hinter vorgehaltener Hand auch „Goebbels Schnauze“ genannt. Nach dem Krieg erlebt das Radio seine Stunde Null. Die West-Alliierten geben Starthilfe für den Neuanfang des staatsfernen Rundfunks: Re-Education mit Jazzmusik! In der sowjetisch besetzten Zone wird nach Moskauer Vorbild ein staatlich gelenkter Rundfunk etabliert. Schon bald konkurrieren die unterschiedlichen Rundfunksysteme in Ost und West: Kalter Krieg im Äther.
    Am 17. Juni 1953 sind die RIAS-Reporter aus dem Westen ganz nah an den Straßenschlachten, berichten live über den Protestzug der Ost-Berliner und über die Niederschlagung des Aufstands mit Panzern. Stimmen, Geräusche, Schreie – die Hörer hören, was geschieht. Das Radio ist bei allen wichtigen und bewegenden Momenten dabei: Wenn Deutschland 1954 Fußballweltmeister wird und sich die Stimme des Reporters vor Freude überschlägt oder wenn Bergleute nach dem Grubenunglück in Lengede nach Tagen aus dem Schacht befreit werden.
    Das Wunder von Lengede erleben 1963 Millionen Hörer live im Radio. „Video killed the radiostar“? – Nein! Das Radio lebt, wird jung, erfindet sich neu: „Kofferheule“ oder „Ghettoblaster“, statt Radiotruhe im Wohnzimmer. Popmusik und Jugendsendungen mischen die Radiolandschaft in den 70ern auf. In der DDR wird die Jugendsendung DT64 zu einem Hörer-Hit. Der Rundfunk überwindet Grenzen und noch vor dem Mauerfall gibt es auch im DDR-Radio mutige Sendungen.
    Heute hören über 50 Millionen Menschen jeden Tag Radio. Radio, ist ein verbindendes Kommunikationsmittel, unsere moderne „Stammestrommel“. Am 20. März 2020 spielen über hundert Radiosender aus ganz Europa um 8:45 Uhr gleichzeitig den Song „You’ll never walk alone“ der englischen Band Gerry and the Pacemakers. Ein Zeichen der Solidarität in der Coronakrise! Der Film erzählt 100 bewegende Radiojahre als deutsche Zeitgeschichte und verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart. Geschichte und Geschichten eines faszinierenden Mediums. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 23.10.2023Das ErsteDeutsche Online-PremiereFr 13.10.2023ARD Mediathek
  • Folge 27 (60 Min.)
    John F. Kennedy – bis heute einer der beliebtesten amerikanischen Präsidenten. Er war Sohn einer glamourösen Familie und Ehemann einer Mode-Ikone. Seine zahlreichen Affären sind legendär, sein Tod vor 60 Jahren war tragisch. Doch wer war Kennedy wirklich? Durch welche Erfolge, Tragödien und schicksalshaften Entscheidungen wurde aus einem kränklichen Jungen die Legende JFK? John F. Kennedy – trotz seines tragischen Todes vor 60 Jahren bis heute einer der beliebtesten amerikanischen Präsidenten. Ein gutaussehender Sonnyboy, Sohn einer einflussreichen, glamourösen Familie, Ehemann einer Mode-Ikone. Doch was steckt hinter dieser perfekten Fassade? Seine Affären sind mittlerweile legendär, aber vieles andere blieb der Öffentlichkeit lange Zeit verborgen.
    Zahlreiche Gebrechen, eine Kindheit im Schatten seines Bruders, ein kontrollierender Vater, der im Hintergrund Fäden zieht. All das begleitet Kennedy durch die prägenden Jahre seines Lebens: Er wird Kriegsheld und Senator, schafft es nach einem messerscharfen Wahlkampf schließlich ins Weiße Haus. Hier muss er sich sowohl den Verstrickungen des Kalten Kriegs als auch der wachsenden Bürgerrechtsbewegung im eigenen Land stellen. Ist Kennedy den Herausforderungen des Amtes gewachsen? Welche schicksalshaften Entscheidungen machen aus einem kränklichen Jungen die Legende JFK? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.11.2023Das Erste
  • Folge 28 (45 Min.)
    Nicole Häffner wurde im Homeoffice niemanden richtig gerecht
    Das Homeoffice ist zum Sinnbild der flexiblen Arbeitswelt geworden. Was uns so neu und zeitgemäß erscheint, hat in Wahrheit eine lange Geschichte – früher hieß es Telearbeit, Heimgewerbe, Hausindustrie oder Heimarbeit. Über Jahrhunderte hinweg war das Arbeiten zu Hause von Armut, Rechtlosigkeit und Überlastung geprägt. Es waren bürgerlich-liberale Sozialreformer, die junge Sozialdemokratie und Gewerkschaften, die hart um die Trennung von Arbeitsstätte und Privatraum und damit um die Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit kämpften.
    Das Hausarbeitsgesetz von 1911 gab den Heimarbeitern erstmalig ein Mindestmaß an sozialem Schutz. Vieles hat sich seitdem zum Guten verändert, trotzdem hat auch das Homeoffice Schattenseiten: entgrenzte Arbeitszeiten, Arbeitsverdichtung, soziale und berufliche Isolation. Besonders für Frauen ist Homeoffice eine Herausforderung, wenn sie die doppelte Last durch Hausarbeit und Heimarbeit tragen müssen. Nicole Häffner denkt ungern an die Zeit im Homeoffice zurück. Anfangs fehlen nur ein Schreibtisch und ein ergonomischer Stuhl, aber mit der Zeit vor allem der Austausch mit dem Team, die kurzen Kaffeepausen, der Flurfunk und die klare Abgrenzung zwischen Arbeitszeit und Freizeit.
    Gerda Eberl erinnert sich auch über 40 Jahre später ganz genau an das Gefühl der Einsamkeit. Wenn die Kinder in der Schule sind, sitzt sie stundenlang allein am Küchentisch und klebt Baldachine für Kuckucksuhren. Tagein, tagaus. Eine Gruppe ehemaliger Heimarbeiterinnen aus Wölfis bei Gotha trifft sich noch heute regelmäßig zum Stammtisch: Die sechs Frauen sind weit über 70. Weil sie für ihre Kinder keinen Kindergartenplatz bekamen, entschieden sie sich für Heimarbeit.
    Die Tage waren lang und erschöpfend. Als sie nach Jahren die Möglichkeit bekamen, in Betriebe zu wechseln, nahmen alle das Angebot an. Endlich eine aufgeräumte, saubere Wohnung, mehr Freizeit und einen planbaren Feierabend! Der Aufstieg Bremens ist eng mit dem Tabakhandel verbunden. Mitte des 19. Jahrhunderts ist jeder sechste Bremer in der Tabakindustrie beschäftigt, viele davon arbeiten in Heimarbeit.
    Die Zigarrenmacher und ihre Familien arbeiten auf engstem Raum stundenlang zusammen. Tag für Tag. Kinderarbeit ist weit verbreitet. Feuchte Wohnungen und Tabakstaub sind der Nährboden für TBC und Bronchitis. Die Lebenserwartung der Zigarrenmacher liegt um 1900 bei 46 Jahren. Was können wir aus der Geschichte der Heimarbeit lernen und welche Schlüsse haben wir aus der Zeit im Homeoffice gezogen? Ein Blick zurück und ein Ausblick auf die Zukunft mit mobilen Arbeitsmöglichkeiten. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 04.12.2023Das Erste
  • Folge 29 (45 Min.)
    Ehemaliges Gelände des Krankenhauses Berlin-Buch, heute Wohnquartier.
    Eine junge Frau wird eine Treppe hinaufgeführt. Hinter einer schweren Eisentür muss sie sich ausziehen. Der Geruch von Desinfektionsmitteln liegt in der Luft. Das medizinische Personal nimmt ihr alle persönlichen Gegenstände ab – und schickt sie ins Behandlungszimmer mit dem gynäkologischen Stuhl. Auf ihre Frage, warum sie hier sei, antwortet ihr eine Krankenschwester, sie sei eine „Herumtreiberin“. Zwischen 1961 und 1989 wurden tausende Frauen und Mädchen ab dem 12. Lebensjahr wegen angeblicher Geschlechtskrankheiten wochenlang in Kliniken der DDR eingesperrt.
    In diesen geschlossenen Venerologischen Stationen – im Volksmund „Tripperburgen“ genannt – wurden sie täglich gegen ihren Willen gynäkologisch untersucht und misshandelt. Doch in den meisten Fällen waren die zwangseingewiesenen Frauen völlig gesund. Ziel der brutalen Maßnahmen: Die Frauen sollten laut Hausordnung der Kliniken isoliert und zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ erzogen werden. Jahrzehnte wurde über dieses Kapitel der DDR-Geschichte geschwiegen. Zu groß sind Angst und Scham der betroffenen Frauen, über ihr Trauma zu sprechen.
    Die letzte „Tripperburg“ wird 1989 geschlossen. Erst nach 2010 beginnt die Aufarbeitung. „’Tripperburg’ war ja ein Schimpfwort. Soweit ich weiß, hat sich jeder geschämt. ‚Das waren Frauen, die sich prostituiert haben. Die Frauen sind alle schlecht.‘ So wurden wir hingestellt.“ – Angelika Börner, Betroffene. Die Dokumentation „Trauma ‚Tripperburg‘ – Gewalt gegen Frauen in der DDR“ geht der Frage nach, warum es die geschlossenen Venerologischen Stationen gab und welche Folgen die Einrichtungen für die Frauen bis heute haben.
    Betroffene Frauen brechen ihr Schweigen und nehmen sich in offenen Gesprächen die Deutungshoheit über ihre Geschichten zurück. Sie wollten frei sein, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten: sich kleiden, wie sie wollten, reisen, wohin sie wollten und lieben, wen sie wollten. Ihre bewegenden Biografien zeigen, wie unter dem Deckmantel der Medizin die unterschiedlichsten Frauen, die durchs Raster der SED fielen, verfolgt, misshandelt und gedemütigt wurden. „Seitdem ich darüber sprechen kann, sehe ich, dass es nicht mein Fehler war.
    Dass nicht ich das Problem war, sondern die Gesellschaft, die Politik. Wenn ich meinem 17-jährigen Ich etwas sagen könnte, würde ich sagen: Lebe dein Leben, so wie du es möchtest, es ist dein Leben und nicht das Leben der Anderen.“ – Anette R., Betroffene. Gemeinsam mit der Historikerin Steffi Brüning und der Bürgerrechtlerin Heidi Bohley deckt der Film die Hintergründe eines bis heute tabuisierten Verbrechens auf. Er erzählt, wie sexualisierte Gewalt als Erziehungsmaßnahme in einem Land genutzt wurde, das die Emanzipation und die Gleichstellung der Geschlechter staatlich propagierte. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 11.12.2023Das Erste

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