Deutscher Fernsehpreis 2024: Mario Adorf erhält den Ehrenpreis

94-jährige Ikone der Schauspielkunst wird geehrt

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 23.09.2024, 13:14 Uhr

Mario Adorf in „Es hätte schlimmer kommen können“ – Bild: NFP/Coin Film/EuroVideo Medien GmbH
Mario Adorf in „Es hätte schlimmer kommen können“

Am 25. September wird der Deutsche Fernsehpreis 2024 verliehen. Ein Preisträger wurde zwei Tage vorab bekannt gegeben: Mario Adorf erhält als Ikone der Schauspielkunst in diesem Jahr den Ehrenpreis. Die Stifter des Deutschen Fernsehpreises (ARD, ZDF, RTL, Sat.1, Deutsche Telekom) ehren Adorf als herausragenden Charakterdarsteller, der „mit seiner enormen performativen Wucht und künstlerischen Kraft seit 70 Jahren das Publikum bewegt und Kolleginnen und Kollegen inspiriert“.

Mit der Auszeichnung ehren die Stifter einen „einzigartigen Künstler, der mit seiner immer wieder überwältigenden darstellerischen Kraft die Schauspielkunst im deutschsprachigen Raum und weit darüber hinaus nachhaltig geprägt hat“. Bereits seit den 1950er-Jahren begeistert Mario Adorf sein Publikum als Charakterdarsteller, als Entertainer und Autor. Am 8. September feierte der Schauspieler seinen 94. Geburtstag.

Mario Adorf gehört seit Jahrzehnten zu den renommiertesten Schauspielern Deutschlands und darüber hinaus, so WDR-Intendant Tom Buhrow, diesjähriger Vorsitzender des Stifterkreises. Mit seinen mehr als 200 Rollen hat er Fernseh- und Filmgeschichte geschrieben und ganze Generationen mit seiner enormen Präsenz in den Bann gezogen. Dabei ist er immer ein Star ohne Allüren geblieben, einer, für den ‚Authentizität‘ mehr ist als nur ein Wort. Diese Glaubwürdigkeit, mit der er seine Figuren in Szene setzt, macht seine Strahlkraft und seinen großen Erfolg aus. Für uns als Stifter des Deutschen Fernsehpreises ist es eine große Ehre, Mario Adorf den Ehrenpreis 2024 überreichen zu dürfen.

Geboren im Jahr 1930 als Sohn eines italienischen Chirurgen und einer deutschen Röntgenassistentin wuchs Mario Adorf in der Eifel unter schwierigen Bedingungen auf. Er machte sein Abitur und studierte anschließend in Mainz, unter anderem Philosophie, Psychologie, Literatur-, Musik- und Theaterwissenschaft. Seinen Lebensunterhalt verdiente er damals als Bauarbeiter. Nebenbei boxte er und sammelte im Studententheater erste schauspielerische Erfahrungen. Dies faszinierte Mario Adorf so sehr, dass er ab 1953 an der Otto-Falckenberg-Schule in München Schauspiel studierte. 1955 wurde er festes Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele, stand aber schon vorher erstmals vor einer Filmkamera.

Seinen Durchbruch hatte Adorf 1957 mit dem Kriminalfilm „Nachts, wenn der Teufel kam“, in dem er den von den Nationalsozialisten zum Serienmörder erklärten Bruno Lüdke verkörperte. 1963 übernahm Adorf dann seine im deutschsprachigen Raum lange Zeit wohl berühmteste Schurkenrolle: In „Winnetou I“ spielte er Santer, den Mörder von Winnetous Schwester Nscho-tschi (Marie Versini). Mitte der 1960er-Jahre ging Adorf nach Hollywood, wo er in „Sierra Charriba“ vor der Kamera stand. Da sich der Schauspieler jedoch nicht auf die Rolle des bösen Mexikaners festlegen lassen wollte, kehrte er nach Europa zurück und drehte bis in die 1970er-Jahre vor allem in Italien und Frankreich.

Im Verlauf seiner rund 70-jährigen Karriere spielte Mario Adorf Patriarchen, Polizisten, Agenten, Väter, Liebhaber, sogar zweimal den Papst und immer wieder Schurken und Bösewichte. Seinen Figuren verlieh Adorf stets eine Tiefe, die sie glaubwürdig, mitunter auch verletzlich und damit zu echten Menschen machte, die mal grimmig und brutal, mal komisch und liebenswert, mal beides auf einmal waren.

Zu Adorfs unzähligen filmischen Höhepunkten gehören Rainer Werner Fassbinders „Lola“ (1981), „Klassenverhältnisse“ (1984) von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet sowie Helmut Dietls „Rossini oder Die mörderische Frage, wer mit wem schlief“ (1997). Doch auch unvergessene Rollen in Fernsehproduktionen zählen zu seiner umfangreichen Filmographie: Von seinen Auftritten als rheinischer Generaldirektor Heinrich Haffenloher in der Kultserie „Kir Royal“ über den titelgebenden Patriarchen in dem Vierteiler „Der große Bellheim“ (1993) bis hin zum Unterweltkönig in dem fünfteiligen Thriller „Der Schattenmann“ (1996). Außerdem war Adorf BND-Agent in „Tresko – Der Maulwurf“, Hamburger Senator in „Die Affäre Semmeling“ und Marzipanfabrikant in „Der letzte Patriarch“ (2010). 2013 spielte er in der zweiteiligen „Pinocchio“-Verfilmung der ARD die Rolle des armen Spielzeugmachers Geppetto. Im Jahr darauf war er als sensibler Witwer in dem Fernsehexperiment „Altersglühen – Speed Dating für Senioren“ zu sehen.

2018 übernahm Adorf die Titelrolle in dem ZDF-Dokudrama „Karl Marx – Der deutsche Prophet“, in dem er eindrucksvoll bewies, dass er auch im hohen Alter nichts von seiner darstellerischen Überzeugungskraft eingebüßt hat. Sein bis dato jüngster Film war 2019 die vom WDR produzierte Gangsterkomödie „Alte Bande“, in der Adorf zusammen mit seinem Weggefährten Tilo Prückner (1940 – 2020) vor der Kamera stand. Bereits Mitte der 1970er-Jahre verkörperten sie in „Bomber & Paganini“ ein höchst skurriles Ganoven-Duo.

Für die Stifter des Deutschen Fernsehpreises ist Mario Adorf eine wahre Ikone der Schauspielkunst, ein ebenso vielseitiger wie eindrucksvoller Künstler, ein echter Star und dabei ein Mensch, der seinen schwierigen Start ins Leben nie vergessen hat und für den die Wörter „Demut“ und „Bescheidenheit“ etwas bedeuten. In Dominik Wesselys Dokumentation „Es hätte schlimmer kommen können“ über den Ausnahmekünstler bezeichnet sich Mario Adorf selbst als „Glückskind“ und gibt zu bedenken: „Fortuna, die Glücksgöttin, ist zwar blind, aber nicht unsichtbar. Das heißt, man kann sie packen!“

Mario Adorf wird der Ehrenpreis in der großen Gala des Deutschen Fernsehpreises 2024 verliehen, die am 25. September ab 20:15 Uhr zeitversetzt im Ersten übertragen wird.

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