Kein Schunkelsender: MDR-Intendantin Karola Wille stellt ihre Pläne vor

Anderer Führungsstil, ein bißchen mehr Jugend und neue Gesichter

Michael Brandes – 02.11.2011, 17:26 Uhr

Karola Wille – Bild: MDR/Dabdoub
Karola Wille

In der Leipziger MDR-Zentrale hat die neue Intendantin Karola Wille ihre Pläne für die ersten 100 Tage Amtszeit vorgestelt. Dem in der Öffentlichkeit vor allem als Senioren-Schunkelsender wahrgenommenen TV-Kanal droht unter der neuen Führung keine Revolution. Eher im Gegenteil: Willes Visionen blieben zum Auftakt eher freundlich-unverbindlich bis nichtssagend.

Zu den großen Herausforderungen der neuen Intendantin wird es zählen, die unter ihrem Vorgänger Udo Reiter an die Öffentlichkeit gelangten Skandale aufzubereiten: „Wir müssen dafür sorgen, dass unser krisengeschütteltes Haus wieder zur Ruhe kommt“, ist sich Wille den Tatsachen bewusst. Mehr Transparenz gepaart mit einer verbesserten Führungs- und Unternehmenskultur soll die Gefahr künftiger Skandale der Kategorien Mohren, Foht und KI.KA reduzieren.

In Zukunft müsse sich der Sender zudem auf einen „harten Wettbewerb in der digitalen Welt“ einstellen. Zukunftsfähig gemacht werden müsse der MDR auch, indem jüngere Generationen stärker ins Blickfeld gezogen werden. Mehr Programme also für jünge Zuschauer? Im MDR-Fernsehen wohl eher nicht, denn Wille sieht hier die gesamte ARD in der Verantwortung und verweist auf die Digitalkanäle des Senderverbunds. Die Idee eines eigenen ARD-Jugendkanals sollte nach Ansicht Willes „nochmal neu diskutiert“ werden. ARD-Chefin Monika Piel lehnt das unter den Intendanten umstrittene Projekt bislang ab.

Auch über die Qualität des MDR-Programms haben sich Wille und ihr neues Führungsteam schon Gedanken gemacht. „Wir brauchen auch in Mitteldeutschland mündige Bürger“, so Wille. Es gelte daher, innerhalb der Programmangebote gesellschaftsintegrierend zu wirken und „komplexe Zusammenhänge in einer Welt, die immer schwieriger wird, zu veranschaulichen“. Der regionale Gedanke soll weiterhin die Leitlinie des MDR-Programms bilden. Die Modernität und das Selbstbewusstsein der Senderegion sollen aber stärker rübergebracht werden. Gesucht wird dabei auch nach frischeren Darstellungsformen und „neueren Verpackungen“.

Den Willen zur Auffrischung betonte auch der neue MDR-Direktor Wolf-Dieter Jacobi, wenngleich es nicht das Ziel sei, „ältere Zuschauer vom Bildschirm zu vertreiben“. Das Image des Senders sei ohnehin von Vorurteilen geprägt: „Wenn man das Programm durchgeht, ist es nicht so einfach, Schunkelangebote zu finden“, glaubt Jacobi. Mit einem Durchschnittsalter von 60 Jahren verfüge der MDR zudem über das jüngste Publikum unter allen Dritten Programmen. Dennoch wolle man auch die jüngeren Zuschauer ernst nehmen. Zu neuen Programmangeboten ließ sich Jacobi nicht viel entlocken. Eine kleinere Programmreform ist offenbar in Planung, zudem gibt es ab Januar 2012 ein neues Format für den Samstagnachmittag. Auch neue Gesichter sollen demnächst das Programm des MDR prägen. Einigen älteren MDR-Formaten geht es aus diesem Grund bald an den Kragen. Namen nannte Jacobi nicht . Erst werde man mit den Betroffenen persönlich sprechen.

Alles in allem bislang wenig Konkretes vom MDR, der mit Karola Wille eine Art Gegenpart zum bisherigen Amtsinhaber Udo Reiter installiert hat. Öffentlich kritisieren wollte Karola Wille, die den Eindruck einer aufgeschlossenen Teamplayerin hinterlässt, ihren Vorgänger nicht. Das Bemühen um einen neuen Führungsstil und mehr Transparenz – nach außen, aber auch innerhalb der MDR-Gremien – kann aber durchaus als indirekte Kritik am bisherigen Status Quo interpretiert werden. Nun müssen nur noch ihre Visionen etwas aufregender werden.

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