Neue ARD-Vorsitzende Monika Piel lehnt Jugendkanal ab

Programme für jüngeres Publikum – aber erst ab 30

Michael Brandes – 03.01.2011

Neue ARD-Vorsitzende Monika Piel lehnt Jugendkanal ab – Programme für jüngeres Publikum - aber erst ab 30 – Bild: ARD

Zu den Ideen, die SWR-Intendant Peter Boudgoust in seiner zweijährigen Amtszeit als ARD-Vorsitzender nicht umsetzen konnte, zählt die Einführung eines sendereigenen Jugendkanals. Innerhalb der ARD ist ein solches Projekt aus unterschiedlichen Gründen derzeit offenbar nicht mehrheitsfähig (fernsehserien.de berichtete).

Nachdem Boudgoust am 1. Januar den ARD-Vorsitz an die WDR-Intendantin Monika Piel abgetreten hat, hat er nun seine Forderung nach einem öffentlich-rechtlichen Fernsehkanal für Jugendliche noch einmal erneuert. Ein speziell für diese schwer zu erreichende Zielgruppe produziertes Programm hätte eine wichtige gesellschaftliche Funktion: „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese Lücke schließen müssen, denn unser Grundversorgungsauftrag umfasst eben alle Milieus, alle Altersgruppen. Wir können nicht sagen: Der Mensch wird dann wieder mit 25 oder 30 bei uns in den Fokus geraten, sondern wir müssen auch für die prägende Lebensphase dazwischen spezifische Angebote haben“, sagte Boudgoust in einem SWR-Radiointerview.

„Das ist seine Meinung, ich sehe das etwas anders“, kommentierte Monika Piel dagegen den Wunsch ihres Vorgängers nach einem ARD-Jugendsender. „Wir brauchen Programm für jüngeres Publikum – realistischerweise ab 30“, so Piel in einem „stern“-Interview.

Das Publikum unter 30, das zu alt für den Kinderkanal geworden ist, aber sich zu jung für Volksmusik, Pilcher und Polit-Talkrunden fühlt, passt offenbar nicht zum ARD-Sendekonzept: „Die Jugend ist so heterogen, sie interessiert sich für Angebote, die mit dem öffentlich-rechtlichen Profil kaum zusammenzubringen sind“, argumentiert die neue ARD-Vorsitzende. Zudem fehle es schlicht an Sendematerial: „Wir haben gar nicht so viele jüngere Stoffe in anderen Programmen – es müsste für einen solchen ‚Jugendkanal‘ fast alles neu produziert werden“.

Piel setzt daher vor allem auf einer der digitalen Spartenkanäle: „Es sieht so aus, dass wir mit EinsFestival ein ähnlich jüngeres Publikum erreichen wie ZDFneo, nur dass wir weniger Geld reinstecken.“ Der Sender sei weiterhin dabei, den Kanal deutlich zu verjüngern: „Ich leite in der ARD die AG ‚Junges Publikum‘, wir werden demnächst weitere Sitzungen zu diesem Thema haben.“ Denkbar sei beispielsweise „eine Talkshow für Jüngere“.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    "Die Jugend ist so heterogen, sie interessiert sich für Angebote, die mit dem öffentlich-rechtlichen Profil kaum zusammenzubringen sind"

    Heißt übersetzt:

    "Bleibt bei eurem Supertalent, DSDS, Mitten im Leben,....das können wir sowieso nicht zeigen"

    Aber genau da ist der Fehler. Wenn die öffentlichen Sender nichts ändern, wird in ein paar Jahren ihr Jahresmarktanteil einstellig sein. Und dann konkurrieren sie nicht mehr gegen RTL, sondern gegen RTL2, Vox, Kabel1.
    • am via tvforen.de

      Gandalf schrieb:
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      > Aber genau da ist der Fehler. Wenn die
      > öffentlichen Sender nichts ändern, wird in ein
      > paar Jahren ihr Jahresmarktanteil einstellig sein.
      > Und dann konkurrieren sie nicht mehr gegen RTL,
      > sondern gegen RTL2, Vox, Kabel1.

      Wie ich bereits erwähnt habe sie haben gute Ansätze nur sind nicht konsequent. 12 bis 16jährige schalten den Ki.Ka ein und gerade wenn sie die Zielgruppe haben. Nö, wir haben keine Lust mehr, ist uns zu teuer. Und das könnten treue Zuseher werden.
  • am via tvforen.de

    Die Dame hat wohl reichlich wenig Ahnung von der öffentlich-rechtlichen Berufswelt, in der sie sich bewegt, und deren Finanzierung. Stefan Niggemeier hat dazu einen wirklich guten Blogbeitrag verfaßt: "Frau Piel, wir müssen reden" (http://www.stefan-niggemeier.de/blog/frau-piel-wir-muessen-reden/)
    • am via tvforen.de

      Es ist ja nicht der erste Fall, bei dem man sich fragt: "Wo leben die Programm-MacherInnen eigentlich?" Nur ist es meines Erachtens der schwerwiegendste:
      Jugendliche sind aufgrund ihrer noch vorhandenen Prägbarkeit und emotionalen Ansprechbarkeit die wichtigste, aber auch brisanteste Zuschauergruppe: Wer mit 14 lediglich mit US-amerikanischen Teenie-Serien versorgt wird, findet seine eigene Realität im Fernsehen nicht mehr gespiegelt. Im schlechtesten Fall lernt also die oder der Betroffene dabei eine Menge für unsere Breiten unpassende Mittel zur Alltags- und Konfliktbewältigung. Im besten Fall lernt sie oder er, hier die Spreu vom Weizen zu trennen und die bei diesen Massen-Importen tatsächlich vorhandenen Rosinen aus dem Kuchen zu picken. Als Erwachsener wird sie oder er dann allerdings britische und amerikanische Serienhighlights downloaden (um die grottigen deutschen Synchronfassungen zu umgehen!) und ansonsten das heimische Programm nach dem Motto "Ewig gleiches Zeittotschlag-Einerlei" sich selbst überlassen.
      Eine nicht unerhebliche Abwanderung vom Glotzophon ist also vorprogrammiert. Nur: Die will doch - angeblich - niemand; am allerwenigsten Frau Piel.
      Warum investieren sie und andere dann permanent an falscher Stelle? Wer in Deutschland Kinder- oder Jugendprogramme herstellt - egal in welcher Funktion - bekommt sowieso bei gleicher Arbeitsleistung rund 60% weniger Gage, Honorar usw. als im Erwachsenenprogramm. Ich muss nicht betonen, dass die entsprechenden AutorInnen, ProduzentInnen, SchauspielerInnen usw. deshalb jedoch mitnichten nur noch 40% ihrer Miete oder 40% der Supermarkteinkäufe bezahlen müssen. Aber nicht einmal die mickrigen Kröten, die nach dem Motto "Ihr seid doch alle Idealisten" an die Macher ausgeschüttet werden, sind vorhanden?
      Meines Erachtens verletzen die öffentlich-rechtlichen Sender den Staatsvertrag, wenn sie - wie im vorliegen Fall wieder einmal - das Programm nach Gutsherrenart gestalten.
      Ich wünsche deshalb allen Heranwachsenden frohes googeln, und (legales!) downloaden nach der Devise: "Fernsehen: Nicht für mich!"
    • am via tvforen.de

      icki schrieb:
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      > Jugendliche sind aufgrund ihrer noch vorhandenen
      > Prägbarkeit und emotionalen Ansprechbarkeit die
      > wichtigste, aber auch brisanteste Zuschauergruppe:
      > Wer mit 14 lediglich mit US-amerikanischen
      > Teenie-Serien versorgt wird, findet seine eigene
      > Realität im Fernsehen nicht mehr gespiegelt.

      Das Problem ist das der NDR tatsächlich eine Jugendserie produziert hat, die der Zielgruppe gefällt aber nach 26 Folgen aufgibt. Sie haben die Fans und lassen sie sehr schnell fallen.


      Ob die Verantwortlichen lesen was die Zielgruppe schreibt? Das Budget ist bei den ÖRs jedenfalls vorhanden.
    • am via tvforen.de

      icki schrieb:
      > Eine nicht unerhebliche Abwanderung vom Glotzophon
      > ist also vorprogrammiert. Nur: Die will doch -
      > angeblich - niemand;

      Da wandert schon keiner ab, die Sehdauer steigt ständig. Die Wanderung geht von Super-RTL zu RTL.
    • am via tvforen.de

      ...und zum Internet. Und das ist auch gut so!
  • am via tvforen.de

    Getreu des Buchtitels des ARD Moderatoren Dieter Moor: "Was wir nicht haben, das brauchen Sie nicht." An Sendematerial fehlt es der ARD aber nicht nur was die Unter 30 Jährigen betrifft.

    Da hat der im besten Falle Gebürenzahlende junge Mensch also einfach Anforderungen, abseits von diesen - von Frau Piel wirklich schön zusammen gefassten Schwerpunkten - Volksmusik, Pilcher (die zwar beim Zweiten läuft, aber Kost, bei der man nicht kauen muss, hat die ARD ja auch zuhauf) und Polit-Talkshows. Unfassbar! "Man müsste alles neu produzieren" ... Bei diesem selbstgerechten Verhalten braucht man sich dort nicht wundern, wenn irgendwann keiner mehr zuschaut. Auf Einsfestival laufen doch auch nur die Wiederholungen, aus dem Hauptprogramm. Man, man, man, was eine Frechheit!

    Dabei hat der SWR mit DasDing.Tv wirklich mal ein ausbaufähiges Konzept am Start.
    • am via tvforen.de

      Wie absurd: Ausgerechnet sie leitet eine AG namens "Junges Publikum", ist aber gleichzeitig davon überzeugt, dass im Grunde genommen ein "öffentlich-rechtliche(s) Profil" und Jugend "kaum zusammenzubringen sind" ...

      Wenn sie diese (unfassbare!!!) Meinung vertritt, braucht es doch (aus ihrer Sicht!) keine AG "Junges Publikum"! Dabei kann dann ja auch nix rauskommen!

      Ich bin außer mir.


      Der Kelte
      • am via tvforen.de

        DerKelte schrieb:
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        > Wie absurd: Ausgerechnet sie leitet eine AG namens
        > "Junges Publikum", ist aber gleichzeitig davon
        > überzeugt, dass im Grunde genommen ein
        > "öffentlich-rechtliche(s) Profil" und Jugend
        > "kaum zusammenzubringen sind" ...

        Es ist zusammen zubringen, nur stellen sie sich ziemlich Dumm an. Ich stehe jedenfalls als Berater zur Verfügung.

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